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AKTION/1557: Urgent Action - Albanien, Zwangsräumungen bei Roma-Familien


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-211/2013-1, AI-Index: EUR 11/003/2013, Datum: 9. August 2013 - as

Albanien
Zwangsräumungen bei Roma-Familien



MEHRERE ROMA-FAMILIEN in Rruga Kavaja, Tirana

Nach einer rechtswidrigen Zwangsräumung am 7. August sind mehrere Roma-Familien obdachlos. Weder die Stadtverwaltung von Tirana noch nationale Behörden haben Maßnahmen ergriffen, um den Roma zu helfen oder ihnen alternativen Wohnraum zur Verfügung zu stellen.

Die Roma-Familien, von denen einige bereits seit zehn Jahren auf dem Gelände des ehemaligen Kunstzentrums in Rruga Kavaja in der Hauptstadt Tirana leben, wurden am 7. August Opfer einer rechtswidrigen Zwangsräumung.

Am besagten Morgen wurden sieben oder acht behelfsmäßige Unterkünfte von einer Baugesellschaft abgerissen, bevor die von der Ombudsperson und der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) in Tirana benachrichtigte Polizei eingriff und weitere Zwangsräumungen und Abrisse unterband. Der albanische Polizeipräsident untersagte dem Unternehmen außerdem eine Fortsetzung der Baumaßnahmen vor Ort, bis eine alternative Unterbringungsmöglichkeit für die Familien gefunden sei.

Zu diesem Zeitpunkt hatten auch Roma-Familien, deren Unterkünfte noch nicht abgerissen worden waren, das Gelände bereits verlassen und trauten sich nicht, zurückzukehren. Viele von ihnen schliefen zusammen mit den von dem Abriss betroffenen Familien auf der Straße. Am 8. August konnten jedoch einige von ihnen in Abwesenheit der Bauarbeiter ihre Habseligkeiten holen. Sie haben keinen Ort, an den sie gehen können und keinerlei Schutz vor der sommerlichen Hitze von rund 37 Grad Celsius. Einige Roma machten den Vorschlag, all ihre Habseligkeiten zusammenzupacken und vor dem Rathaus von Tirana zu protestieren.

Weitere 30 Familien hatten das Gelände bereits Ende Juli bzw. Anfang August verlassen, weil sie von Arbeitern des Unternehmens bedroht worden waren und man sie über den bevorstehenden Abriss ihrer Unterkünfte informiert hatte. Die Roma können jetzt keiner Arbeit mehr nachgehen. Nach Berichten, denen zufolge einige von ihnen die Müllcontainer nach Essen durchsucht hatten, erhalten sie jetzt Lebensmittel, Wasser und sonstige Unterstützung von einer NGO.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Der Generaldirektor der Polizei hat laut örtlichen Medien eine Anordnung erlassen, nach der die Polizei keine weiteren Räumungen bei den Roma-Familien zulassen soll und auch der Baugesellschaft untersagt ist, in irgendeiner Weise aktiv zu werden, solange eine Klärung der Situation einschließlich der Ausstellung eines Vollstreckungsbescheids sowie der Erteilung einer Umweltgenehmigung durch die Stadtverwaltung noch nicht erfolgt ist. Die Ombudsperson hat eine Lösung des Problems durch ein ordentliches, von den Rechtsinstitutionen gewährleistetes Gerichtsverfahren gefordert, an dem auch die Roma beteiligt sein sollen. Außerdem hat die Ombudsperson das Ministerium für Arbeit und Soziales nachdrücklich ersucht, den Schutz bzw. die Unterbringung der Roma-Familien zu gewährleisten. Weitere Informationen zu dieser Zwangsräumung finden Sie in dem englischen Bericht Albania: Authorities have obligation to assist forcibly evicted Roma unter
http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR11/002/2013/en

Die albanische Regierung hat den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 1991 ratifiziert und ist somit an das Völkerrecht gebunden; dies schließt auch Artikel 11(1) des Paktes sowie die Allgemeine Bemerkung Nr. 4 zu Artikel 11(1) des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte mit ein. Darüber hinaus hat Albanien zugesagt, die Ziele der "Roma-Dekade 2005-2015" (Decade of Roma Inclusion 2005-2015) erfüllen zu wollen. Die Roma-Dekade ist eine Initiative von zwölf europäischen Ländern zur Verbesserung des sozio-ökonomischen Status der Roma. Das Land hat außerdem die albanische Strategie "zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Minderheit der Roma" verabschiedet.

Das Völkerrecht schreibt vor, dass Räumungen lediglich als letztes Mittel durchgeführt werden dürfen, wenn bereits alle anderen Alternativen in tatsächlicher Beratung mit den betroffenen Gemeinden ausgeschöpft wurden. Die Behörden sind in diesem Fall verpflichtet, die Betroffenen angemessen im Voraus über die Räumung in Kenntnis zu setzen. Darüber hinaus müssen die Behörden gewährleisten, dass niemand obdachlos wird oder durch die Zwangsräumung anderen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wird. Dazu gehört auch, den Betroffenen Rechtsbehelfe zuzugestehen, einschließlich der Bereitstellung von Entschädigungen für die Zerstörung ihres Wohnraums, ihres Besitzes oder für Einkommenseinbußen.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte stellen Sie sicher, dass die Roma-Familien, die seit ihrer rechtswidrigen Zwangsräumung vom Baugelände in Rruga Kavaja in Tirana obdachlos sind, sofortige Unterstützung erhalten.
  • Bitte gewährleisten Sie, dass allen Personen, die Opfer von Räumungen wurden, darunter auch jene, die vorher auf dem Gelände gelebt haben, in Übereinstimmung mit internationalen Standards, darunter die UN-Grundsätze und Prinzipien zur Räumung und Umsiedlung im Rahmen von Entwicklungsprojekten, alternative Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden.

APPELLE AN

BÜRGERMEISTER VON TIRANA
Z. Lulzim Basha
Blvd. Dëshmorët e Kombit
Tirana
ALBANIEN
(Anrede: Dear Mr Basha / Sehr geehrter Herr Basha)
E-Mail: kabineti@tirana.gov.al

MINISTER FÜR ARBEIT, SOZIALES UND CHANCENGLEICHHEIT
Z. Spiro Ksera
Ministër i Punës
Cështjeve Sociale dhe Shanseve te Barabarta
Rruga e Kavajës
Tirana
ALBANIEN
(Anrede: Dear Minister /Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: spiroksera@yahoo.gr oder klevesbitro@yahoo.com


KOPIEN AN

EU-ABGEORDNETER
Jochen Schult, Chargé d'Affaires
Delegation of the European Union to Albania
ABA Business Center
Rr. Papa Gjon Pali II, 17th floor
Tirana
ALBANIEN
Fax: (00355) 4 223 0752
E-Mail: delegation-albania@eeas.europa.eu

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ALBANIEN
S.E. Herrn Valter Ibrahimi
Friedrichstraße 231
10969 Berlin
Fax: 030-25 93 18 90
E-Mail: kanzlei@botschaft-albanien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Albanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. September 2013 keine Appelle mehr zu verschicken. Weitere Informationen zu UA-211-2013 (EUR 11/001/2013 vom 5. August 2013)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urge the authorities to provide immediate assistance to the Roma families made homeless following their forced eviction from the development site in Rruga Kavaja, Tirana.
  • Urge them to provide all of those who have been evicted, including those who previously lived on the site, with adequate alternative housing, which meets international standards, including the UN Guidelines on Development-Based Evictions and Resettlement.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-211/2013-1, AI-Index: EUR 11/003/2013, Datum: 9. August 2013 - as
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
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Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2013