ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-112/2013-2, AI-Index: MDE 12/026/2013, Datum: 7. Juni 2013 - mr
Ägypten
Ahmed Douma wird mit neuen Vorwürfen in Haft gehalten
Herr AHMED DOUMA
Der Oppositionsaktivist Ahmed Douma ist wegen Beleidigung des ägyptischen Präsidenten zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Er sollte bis zur Berufungsverhandlung gegen Kaution freigelassen werden, befindet sich aber im Tora-Istiqbal-Gefängnis, da die Staatsanwaltschaft angeordnet hat, ihn festzuhalten, bis neue Vorwürfe gegen ihn untersucht worden sind.
Ahmed Douma wurde am 3. Juni vom Bezirksgericht des Kairoer Bezirks El Tagamu El Khames der "Präsidentenbeleidigung" schuldig gesprochen und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Das Gericht entschied, dass er gegen eine Kaution in Höhe von 5000 ägyptischen Pfund (etwa 530 Euro) bis zur Berufungsverhandlung freigelassen werden könne. Anschließend wurde Ahmed Douma zum Gericht für minderschwere Vergehen in Tanta geschickt und wickelte dort die Kautionsstellung ab. Freigelassen wurde er jedoch nicht.
Die Ehefrau von Ahmed Douma hat Amnesty International berichtet, sie habe über inoffizielle Kanäle erfahren, dass die Staatsanwaltschaft am 4. Juni, noch vor der beabsichtigten Freilassung ihres Mannes, einen Haftbefehl gegen ihn erließ. Als Begründung nannte sie den Verdacht auf Beteiligung an den Zusammenstößen nahe der Zentrale der Muslimbruderschaft in Moqattam, einem Vorort im Südosten von Kairo, im März 2013. Ahmed Douma bestreitet diese Vorwürfe. Am 4. Juni wurde er in das Tora-Istiqbal-Gefängnis in Kairo gebracht und wartet dort nun darauf, zu den neuen Vorwürfen verhört zu werden. Gegen elf weitere AktivistInnen werden in Verbindung mit denselben Ereignissen Vorwürfe erhoben.
Der Rechtsbeistand von Ahmed Douma hat Amnesty International mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft weder ihn noch Ahmed Douma über die neuen Vorwürfe gegen ihn unterrichtet habe. Weiterhin habe man ihnen unter Verstoß gegen das ägyptische Strafgesetzbuch weder den Grund für die erneute Inhaftierung noch den Haftort, an den er gebracht werden sollte, bekannt gegeben. Er gab weiterhin an, dass ihm nicht mitgeteilt wurde, wann Ahmed Douma verhört werden soll. Amnesty International ist angesichts des bislang politisch motivierten Verlaufs des Falls in Sorge, dass die neuen Vorwürfe gegen Ahmed Douma ein Vorwand sein könnten, um ihn weiterhin in Haft zu halten und ihn damit für die friedliche Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung zu bestrafen.
Ahmed Douma erschien am 30. April bei der Staatsanwaltschaft in Tanta, der Hauptstadt des nördlichen Gouvernements Gharbiya, um sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen wegen "Präsidentenbeleidigung" und "Verbreitung von Gerüchten, die die nationale Sicherheit gefährden und dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen" zu äußern. Dort wurde er festgenommen. Das Gericht für minderschwere Vergehen in Tanta verschob das für den 5. Mai anberaumte Verfahren auf den 13. Mai und übergab den Fall dem Bezirksgericht des Kairoer Bezirks El Tagamu El Khames. Am 3. Juni sollte das Urteil gefällt werden. Die Vorwürfe, auf deren Grundlage er verurteilt wurde, bezogen sich auf den Inhalt eines Telefonanrufs Ahmed Doumas bei einem Fernsehsender am 25. Februar 2013. Darin bezeichnete Ahmed Douma Staatspräsident Mursi im Zusammenhang mit Tötungen oppositioneller AktivistInnen bei Protesten als "Mörder", weil er die Tötungen nicht verhindert habe. Zu den elf anderen AktivistInnen, gegen die zusammen mit Ahmed Douma wegen ihrer angeblichen Beteiligung an den Gewalttaten nahe der Zentrale der Muslimbruderschaft Vorwürfe erhoben werden, gehören: Alaa Abdel-Fattah, Nowara Negm, Hazem Abdelazeem und Karim Elshaer. Aus der Muslimbruderschaft ist die regierende Partei für Freiheit und Gerechtigkeit hervorgegangen.
Der 24-jährige Aktivist Ahmed Douma war zuvor bereits von den ägyptischen Sicherheitskräften festgenommen und Berichten zufolge gefoltert worden, als er aus Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung 2009 versucht hatte, die Grenze in den Gazastreifen zu überqueren, als Israel den Gazastreifen bombardierte. Er wurde auch im Dezember 2012 während der 17 Monate dauernden Übergangsregierung durch den Obersten Militärrat im Anschluss an die "Revolution des 25. Januar" festgenommen, nachdem er das Militär und das Innenministerium öffentlich kritisiert und gegen sie demonstriert hatte.
Seit dem Amtsantritt von Präsident Mohamed Mursi im Juni 2012 wurden zahlreiche Personen von der Staatsanwaltschaft vernommen, nachdem sie öffentlich den Präsidenten, seine Regierung oder politische Gruppen, mit denen seine Regierung in Verbindung steht, kritisiert haben. Einige wurden festgenommen und vor Gericht gestellt. Amnesty International liegen Fälle vor, in denen OppositionsaktivistInnen aus politisch motivierten Gründen bzw. unter fingierten Anschuldigungen angeklagt wurden, um sie offensichtlich davon abzuhalten, weiterhin die Behörden zu kritisieren.
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Weitere Informationen zu UA-112/2013 (MDE 12/021/2013, 7. Mai 2013 und MDE 12/024/2013, 23. Mai 2013)
Amnesty International hat die ägyptischen Behörden wiederholt aufgefordert, Verleumdung zu entkriminalisieren. Das ägyptische Recht kriminalisiert die Beleidigung von BeamtInnen und "gottgegebenen" Religionen. Die ägyptische Verfassung schreibt das Verbot von "Beleidigungen" von Einzelpersonen oder religiösen Propheten fest. In einem im November 2008 erlassenen bahnbrechenden Entscheid hielt die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen fest, dass die ägyptischen Behörden gegen Diffamierung, Verleumdung und üble Nachrede auf Grundlage des Zivilrechts und nicht des Strafrechts vorgehen müssen. Die Gruppe drängte darauf, dass ägyptische Behörden die Gefängnisstrafen von Personen mit den genannten Anklagepunkten aufheben sollen. Die Arbeitsgruppe sagte, dass "sich das fundamentale Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, welches die Grundlage des Menschenrechtssystems bildet, durchsetzen muss, auch wenn dies politische Kritik miteinschließt. Die Rechte müssen auch gelten, wenn sich die Kritik an Aktivitäten bestimmter Personen mit hoher politischer Verantwortung richtet".
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Quelle:
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UA-Nr: UA-112/2013-2, AI-Index: MDE 12/026/2013, Datum: 7. Juni 2013 - mr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2013