Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1496: Urgent Action - Venezuela, 17-Jähriger ermordet


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-134/2013, AI-Index: AMR 53/007/2013, Datum: 20. Mai 2013 - bs

Venezuela
17-Jähriger ermordet



Herr RONI BARRIOS

In der Nacht zum 16. Mai wurde im venezolanischen Bundesstaat Aragua der 17-jährige Roni Barrios mit einer Machete oder Axt ermordet. Damit sind seit 1998 bereits zehn Mitglieder der Familie Barrios getötet worden, wobei die Umstände der Taten auf eine Beteiligung der Polizei hindeuten. Die Behörden haben bislang weder die Morde untersucht noch die Familie vor weiterer Gewalt geschützt. Roni Barrios wurde am 16. Mai morgens von seinem jüngeren Bruder tot aufgefunden. Der Leichnam lag in der Nähe des Hauses seiner Tante Eloisa Barrios und wies Verletzungen an Kopf und Hals auf, die von einer Machete oder Axt stammen könnten. Roni Barrios wohnte und arbeitete in der Hauptstadt Caracas, war aber in seine Heimatstadt Guanayén in Aragua gekommen, um dort Verwandte zu besuchen. Er war zuletzt am Abend zuvor lebend gesehen worden.

Familie Barrios, die in Aragua lebt, wird seit 1998 immer wieder bedroht, und mehrere Familienmitglieder sind ermordet worden. Angehörige der Polizei sollen an den Taten beteiligt gewesen sein, die in den vergangenen Monaten an Intensität zugenommen haben. Der Mord an Roni Barrios ist bereits der dritte innerhalb von zwölf Monaten. Seit dem Beginn der Mordserie vor 15 Jahren ist niemand wegen dieser Taten vor Gericht gestellt worden.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit 1998 sind zehn Angehörige der im Bundesstaat Aragua ansässigen Familie Barrios mutmaßlich von Polizeieinheiten ermordet worden. Bislang ist jedoch niemand wegen dieser Taten vor Gericht gestellt worden. Mehrere andere Familienmitglieder sind eingeschüchtert und drangsaliert worden, haben Drohungen erhalten und wurden angegriffen. Die Familienangehörigen, die die Aufklärung der Morde an ihren Verwandten fordern, sind in großer Gefahr wegen ihres Einsatzes für Gerechtigkeit, selbst Opfer von Vergeltungsschlägen zu werden. Im August 1998 hielt sich der 28-jährige Benito Antonio Barrios zu Hause in Guanayén in Aragua auf, als eine Gruppe PolizistInnen in das Haus eindrang, auf ihn einschlug und ihn mitnahm. AugenzeugInnen, darunter auch Angehörige der Familie, sahen, wie er geschlagen und in Handschellen abgeführt wurde. Später am Tag brachte man ihn in ein örtliches Krankenhaus, da war er aber schon tot, der Leichnam wies Schusswunden auf. Die Polizei gab an, zu dem Haus gerufen worden zu sein, weil dort ein Schusswechsel zwischen zwei Männern stattgefunden habe. Bis zum heutigen Tag haben die venezolanischen Behörden nicht schlüssig erklärt, was mit Benito Antonio Barrios im Gewahrsam der Sicherheitskräfte geschah.

Im November 2003 waren zwei Brüder von Benito Barrios, Luis Alberto und Narciso Barrios, an einem Streit mit der Polizei beteiligt. Wenige Stunden darauf drangen PolizistInnen ohne Durchsuchungsbefehl in die Häuser von anderen Familienmitgliedern ein - Brigida Oneida Barrios, Justina Barrios, Elbira Barrios und Luis Alberto Barrios. Wenige Tage später wurde der Sohn von Benito Antonio Barrios, Jorge Antonio Barrios, von einer Gruppe PolizistInnen festgenommen. Sein Onkel Narciso Barrios und sein Vetter Néstor Caudí Barrios folgten den Sicherheitskräften. Jorge Antonio kam wieder frei, aber der damals 24-jährige Narciso Barrios wurde durch mehrere Schüsse in den Kopf getötet. Im Jahr 2004 erhielt Néstor Caudí Barrios Drohungen von dem Beamten, der für die Untersuchungen des Mordes an seinem Onkel verantwortlich war. Luis Alberto Barrios wurde im selben Jahr erschossen. Im darauf folgenden Jahr erschossen zwei Unbekannte den 16-jährigen Rigoberto Barrios. Daraufhin verließen einige Familienangehörige aus Angst um ihre Sicherheit die Region.

Zu den weiteren Mitgliedern der Familie Barrios, die getötet wurden, gehören Oscar José Barrios, der 2009 im Alter von 22 Jahren ermordet wurde; Wilmer José Flores Barrios (19 Jahre), der 2010 getötet wurde, Juan José Barrios (28), ermordet im Jahr 2011, Víctor Tomás Barrios (16), ermordet im Jahr 2012 und Jorge Antonio Barrios (24), ermordet am 15. Dezember 2012. Néstor Caudí Barrios überlebte 2011 einen Anschlag, leidet aber immer noch an unheilbaren Verletzungen. Amnesty International sind keine Fortschritte bei den Ermittlungen zu den Morden bekannt. Das gleiche gilt für die Untersuchungen der Beschwerden der Familie Barrios über Morddrohungen und Einschüchterungen durch PolizeibeamtInnen des Bundesstaates. Der Fall wurde im Jahr 2013 den Organen des Interamerikanischen Menschenrechtssystems vorgelegt. In jenem Jahr erließ die Interamerikanische Menschenrechtskommission zum ersten Mal Schutzmaßnahmen für die Familie, darauf folgten weitere Anordnungen für Schutzmaßnahmen durch den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte erließ im November 2011 ein Urteil, dass der Staat Venezuela die Rechte auf Leben, körperliche Unversehrtheit, und Freiheit einiger Mitglieder der Familie Barrios verletzt habe. Der Gerichtshof ordnete an, dass der Staat der Familie effektive Schutzmaßnahmen zur Verfügung stellen und umfassende und unabhängige Ermittlungen einleiten sowie die Verantwortlichen vor Gericht stellen müsse.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE, E-MAILS UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte teilen Sie mir mit, welche Fortschritte bei den Untersuchungen der Morde an den zehn Mitgliedern der Familie Barrios sowie den Untersuchungen der Einschüchterungen und Drohungen, die die Familie Barrios gemeldet hat, gemacht wurden.
  • Ich fordere Sie auf, eine vollständige und unparteiische Untersuchung des Mordes an Ronni Barrios einzuleiten und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.
  • Ich bitte Sie eindringlich, in Absprache mit den Betroffenen wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit aller Mitglieder der Familie Barrios zu gewährleisten.

APPELLE AN

GENERALSTAATSANWÄLTIN
Dra. Luisa Ortega Díaz
Fiscalía General de la República
Edificio Sede Principal del Ministerio Público
Esquinas de Misericordia a Pele El Ojo
Avenida México, Caracas, VENEZUELA
(Anrede: Dra. Fiscal / Dear Prosecutor / Sehr geehrte Frau Generalstaatsanwältin)
E-Mail: ministeriopublico@mp.gob.ve

GOUVERNEUR DES BUNDESSTAATES ARAGUA
Tareck el Assaimi
Gobernador de Aragua,
Av. Las Delicias, Antigua sede, Edificio Corpoindustria, Piso 7,
Maracay, Municipio Girardot
Aragua, VENEZUELA
(Anrede: Sr. Gobernador / Dear Governor / Sehr geehrter Herr Gouverneur)


KOPIEN AN

LOKALE NICHTREGIERUNGSORGANISATION
Comisión de Derechos Humanos de Justicia y Paz del Estado Aragua
Calle Negro Primero, Oeste
N 98, frente al Liceo 'Valentin Espinal', Cruce con Av. Ayacucho
Maracay, Estado Aragua,
VENEZUELA

BOTSCHAFT DER BOLIVARISCHEN REPUBLIK VENEZUELA
S. E. Herrn Rodrigo Oswaldo Chaves Samudio
Schillstraße 9-10
10785 Berlin
Fax: 030-8322 4020
E-Mail: embavenez.berlin@botschaft-venezuela.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 1. Juli 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Call on the authorities to reveal what progress has been made in the investigations into the killings of all ten members of the family who have been killed since 1998 and into the intimidation and threats reported by the family.
  • Urge the authorities to order a full and impartial investigation into the most recent murder of Roni Barrios and bring to justice those who are responsible.
  • Request that the authorities take decisive action to guarantee the protection of all members of the Barrios family, in accordance with their wishes.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-134/2013, AI-Index: AMR 53/007/2013, Datum: 20. Mai 2013 - bs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Kampagnen und Kommunikation
Zinnowitzer Straße 8, 10115 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306, Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2013