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AKTION/1309: Urgent Action - Bahrain, Schuldspruch bestätigt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-128/2012-9, AI-Index: MDE 11/068/2012, Datum: 12. Dezember 2012 - we

Bahrain
Schuldspruch bestätigt

Weitere Informationen zu UA-128/2012 (AFR 54/027/2012, 8. Mai 2012, MDE 11/033/2012, 23. Mai 2012, MDE 11/036/2012, 29. Mai 2012, MDE 11/038/2012, 8. Juni 2012, MDE 11/042/2012, 29. Juni 2012, MDE 11/044/2012, 10. Juli 2012, MDE 11/051/2012, 21. August 2012, MDE 11/052/2012, 24. August 2012 und MDE 11/059/2012, 16. Oktober 2012).



NABEEL RAJAB, Vorsitzender des Menschenrechtszentrums von Bahrain

Das Urteil gegen den bahrainischen Menschenrechtsverteidiger Nabeel Rajab ist am 11. Dezember bestätigt worden. Sein Strafmaß wurde jedoch von drei auf zwei Jahre Haft verringert. Am 11. Dezember bestätigte das zuständige Berufungsgericht in der bahrainischen Hauptstadt Manama den Schuldspruch gegen Nabeel Rajab, Vorsitzender des Menschenrechtszentrums von Bahrain und Leiter des Menschenrechtszentrums der Golfregion, bestätigt. Das Strafmaß wurde jedoch von drei auf zwei Jahre Haft verringert. Er war wegen der Teilnahme an "illegalen Versammlungen" und der "Störung der öffentlichen Ordnung" verurteilt worden, weil er am 12. Januar, 6. Februar und 31. März 2012 in Manama "ohne vorherige Genehmigung zu Demonstrationen aufgerufen und daran teilgenommen hatte". Seine Rechtsbeistände werden gegen das Urteil Rechtsmittel beim Kassationsgericht einlegen. Es ist jedoch nicht klar, wie lang das Verfahren dauern wird. Nabeel Rajab hat bereits sechs Monate in Haft verbüßt.

Familie und Freunde von Nabeel Rajab waren bei der Berufungsverhandlung anwesend und berichteten Amnesty International, dass der Menschenrechtsverteidiger geschockt über die Härte des Urteils gewesen sei. Auch VertreterInnen internationaler Organisationen und Botschaften waren bei der Verhandlung zugegen.

Das Berufungsgericht hat Nabeel Rajab im selben Urteil von den Vorwürfen der "Verunglimpfung einer staatlichen Institution" freigesprochen. Er hatte Rechtsmittel eingelegt, nachdem eine Kautionszahlung in Höhe von 300 bahrainischen Dinar (etwa 608 Euro) durch ein Strafgericht in eine Geldstrafe umgewandelt worden war.

Nabeel Rajab befindet sich seit seiner Verurteilung am 16. August im al-Jaw-Gefängnis.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nabeel Rajab ist bereits mehrfach schikaniert worden. Am 6. Februar soll der Menschenrechtler während einer Demonstration von der Bereitschaftspolizei angegriffen worden sein, die ihn mehrfach mit Fausthieben auf den Kopf und Rücken sowie ins Gesicht traktierte. Nabeel Rajab wurde am 5. Mai am Flughafen in Manama festgenommen, als er von einer Konferenz aus dem Libanon zurückkehrte. Dort hatte er an einem Menschenrechtsworkshop teilgenommen. Gegen ihn erging im Zusammenhang mit von ihm versandten Twitter-Nachrichten Anklage wegen "Verunglimpfung einer nationalen Institution" (gemeint war das Innenministerium). Am 27. Mai kam er gegen Kaution frei und wurde am 9. Juli ein weiteres Mal in Haft genommen, nachdem er zu drei Monaten Haft verurteilt worden war. Grund für die Verurteilung war ein Tweet im Zusammenhang mit dem Besuch des Ministerpräsidenten in der Region al-Muharraq in Bahrain. Am 16. August wurde Nabeel Rajab wegen der Teilnahme an "illegalen Versammlungen" und der "Störung der öffentlichen Ordnung" verurteilt. Man warf ihm vor, zwischen Februar und März 2012 zu Demonstrationen aufgerufen und daran teilgenommen zu haben. Nur Nabeel Rajab selbst und seine Frau waren bei der Verhandlung anwesend. Seine Rechtsbeistände waren nicht zugegen, als das Urteil verkündet wurde. Am 23. August wurde Nabeel Rajab von den Vorwürfen der Verunglimpfung freigesprochen, nachdem er bereits eine dreimonatige Haftstrafe verbüßt hatte. Während der Verhandlung hatte er dem Gericht von Misshandlungen berichtet und sich über schlechten Bedingungen beklagt, unter denen er festgehalten wird. Er sagte dem Gericht außerdem, dass man ihn nach einem Telefongespräch mit seiner Frau, in dem er ihr von den schlechten Haftbedingungen erzählt hatte, einen Tag lang in einer kleineren, dunklen Zelle in Einzelhaft festgehalten habe. Ein Prozessbeobachter von Amnesty International, der am 10. September an einer Verhandlung von Nabeel Rajab teilgenommen hatte, berichtete, dass der Menschenrechtsverteidiger erneut seine Misshandlungen vor Gericht schilderte. Nabeel Rajab beschrieb, dass er nach Ende seiner dreijährigen Haftstrafe für einen ganzen Tag alleine in einen sehr kleinen und sehr dunklen Raum gesperrt wurde, in dem ein totes Tier lag. Er ergänzte zu einem späteren Zeitpunkt, dass er fast nackt war. Man hatte ihm nur ein kleines Stück Stoff gegeben, um seine Genitalien zu bedecken. Die Menschenrechtslage in Bahrain hat sich in den vergangenen Monaten deutliche verschlechtert. Repressive Maßnahmen haben stark zugenommen und die Ablehnung der Regierung gegenüber den von der unabhängigen Untersuchungskommission Bahrains (BICI) ausgesprochenen Empfehlungen wurde immer offenkundiger. Die BICI ist 2011 gegründet worden, um die weitreichenden Menschenrechtsverletzungen während der Aufstände 2011 zu untersuchen. Das Ende Oktober ausgesprochene rigorose Verbot aller Proteste und die zunehmenden Drangsalierungen und Festnahmen von MenschenrechtsaktivistInnen lässt die Hoffnung auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage in Bahrain weiter schwinden.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Lassen Sie Nabeel Rajab bitte umgehend und bedingungslos frei, da er sich nur deshalb in Haft befindet, weil er friedlich von seinen Rechten auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit Gebrauch gemacht hat und er somit ein gewaltloser politischer Gefangener ist.
  • Ich fordere Sie auf, alle Anklagen gegen Nabeel Rajab fallen zu lassen und alle Urteile aufzuheben.
  • Bitte stellen Sie sicher, dass Nabeel Rajab vor Folter und anderer Misshandlung geschützt wird. Sorgen Sie zudem dafür, dass eine Untersuchung der Misshandlungsvorwürfe in Haft eingeleitet wird und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden.

APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace, al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior, P.O. Box 13, al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain


KOPIEN AN

MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khalid bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P. O. Box 450, al-Manama, BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1753 1284

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die
Website http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. Januar 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the Bahraini authorities to release Nabeel Rajab immediately and unconditionally, as he is a prisoner of conscience, held solely for peacefully exercising his rights to freedom of expression and assembly.
  • Urging them to quash the convictions and sentence against Nabeel Rajab.
  • Urging them to protect him from torture or other ill-treatment and to order an investigation into reports that Nabeel Rajab has been ill-treated in detention, and bring anyone found responsible for abuses to justice.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN - FORTSETZUNG

Zu den Mitgliedern der BICI, die am 29. Juni 2011 vom König benannt wurden, gehörten auch fünf international renommierte Rechts- und MenschenrechtsexpertInnen. Sie sind damit beauftragt worden, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts im November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Hauptempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und unverhältnismäßige Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen.

Später, während der Sitzungen der Arbeitsgruppe zur Universellen Regelmäßigen Überprüfung (Universal Periodic Review - UPR) vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im Mai und September 2011, versuchte sich die bahrainische Regierung durch das bloße Versprechen, den Empfehlungen der BICI nachzukommen, jeglicher Kritik zu entziehen. Während der Sitzung im Mai gaben die VertreterInnen aus Bahrain an, dass "eine Vielzahl der BICI-Empfehlungen bereits umgesetzt worden sind und andere derzeit umgesetzt werden". Während der abschließenden Überprüfung im September verpflichtete sich die Regierung Bahrains zu der Umsetzung von mehr als 140 der insgesamt 176 Empfehlungen. Darunter auch die, mit denen die Freilassung aller gewaltlosen politischen Gefangenen, die Durchführung von Untersuchungen zu Foltervorwürfen und die Strafverfolgung der Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen gefordert werden. Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem englischen Bericht Bahrain: Reform shelved, repression unleashed unter
http://amnesty.org/en/library/info/MDE11/062/2012/en.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-128/2012-9, AI-Index: MDE 11/068/2012, Datum: 12. Dezember 2012 - we
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2012