ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-253/2012, AI-Index: ASA 16/010/2012, Datum: 24. August 2012 - gs
Myanmar
Arzt ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft
Herr TUN AUNG
Der Arzt Dr. Tun Aung, Vorsitzender des Islamischen Religionsrates in Maungdaw, ist am 11. Juni im Staat Rakhine im Westen von Myanmar festgenommen worden und befindet sich seither ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Er leidet an einer Krankheit, die medikamentös behandelt werden muss. Möglicherweise steht Dr. Tun Aung im Gefängnis nicht die Arznei zur Verfügung, die er benötigt.
Nach dem Ausbruch von Unruhen am 8. Juni in Maungdaw im Bundesstaat Rakhine hatten die örtlichen Behörden Dr. Tun Aung aufgrund seines Ansehens bei der dortigen Bevölkerung gebeten, sich als Vermittler einzuschalten. Auslöser der Unruhen war ein Vorfall vom 3. Juni, als zehn muslimische Männer aus Vergeltung für die am 28. Mai verübte Vergewaltigung einer Buddhistin und die anschließende Ermordung der Frau zu Tode geprügelt worden waren. Nach dem Vorfall hatten die Behörden Dr. Tun Aung ersucht, beruhigend auf eine Menschenmenge einzuwirken, die sich in der örtlichen Moschee versammelt hatte. Aus Amnesty International vorliegenden Informationen, darunter auch Berichte von AugenzeugInnen, geht hervor, dass Dr. Tun Aung mit großem Einsatz versuchte, die Menschenansammlung zu beruhigen. Dennoch wurde anschließend gegen den Arzt Anklage wegen Schürens von Gewalt erhoben. Unbestätigte Berichte lassen befürchten, dass Dr. Tun Aung zusätzlich wegen Verstoßes gegen das Gesetz über elektronische Transaktionen angeklagt worden ist, dessen teilweise mehrdeutige Bestimmungen immer wieder benutzt worden sind, um das Recht auf freie Meinungsäußerung zu unterdrücken.
In den Abendstunden des 8. Juni suchte Dr. Tun Aung mit einigen Familienangehörigen im Büro des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) vor den Unruhen Zuflucht. Wenig später wurden die UNHCR-MitarbeiterInnen aus dem Büro evakuiert. Dr. Tun Aung und seine Verwandten mussten Drohungen von rakhinischen Buddhisten über sich ergehen lassen. Am 11. Juni bot ein Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde der Familie an, sie nach Hause zu begleiten, um sich dort vor den Drohungen in Sicherheit zu bringen. Tatsächlich brachte der Mitarbeiter Dr. Tun Aung und seine Familie zum Büro der Einwanderungsbehörde im Stadtteil Kyi Kan Pyin, wo der Arzt festgenommen und anschließend in das mehr als 170 Kilometer von Maungdaw entfernte Gefängnis Sittwe eingewiesen wurde. Seine Familienangehörigen wurden freigelassen.
Dr. Tun Aung ist es nicht gestattet worden, einen Rechtsbeistand seines Vertrauens mit der Vertretung seiner Interessen zu beauftragen. Stattdessen wurde ihm unter Verstoß gegen internationale Grundsätze für einen fairen Prozess ein Pflichtverteidiger zugewiesen, mit dem er sich nicht einmal unter vier Augen beraten durfte. Auch Telefongespräche oder der Empfang von BesucherInnen wurde Dr. Tun Aung untersagt. Der Arzt leidet unter einem Tumor der Hirnanhangdrüse und muss aus diesem Grund Medikamente einnehmen, die ihm die Gefängnisbehörden möglicherweise nicht Verfügung stellen.
Am 28. Mai wurde in Maungdaw eine 27-jährige Buddhistin aus Rakhine vergewaltigt. Tags darauf nahm die Polizei Berichten zufolge drei Muslime unter Tatverdacht fest. Am 3. Juni hielt in Toungup eine Menschenmenge von rund 300 RakhinerInnen einen Bus an, der sich auf der Fahrt nach Yangon befand und in dem sie nach vorliegenden Meldungen die Vergewaltiger der jungen Buddhistin vermuteten. Die beteiligten RakhinerInnen prügelten zehn männliche muslimische Fahrgäste zu Tode. Der Vorfall löste wochenlange gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen und Religionsgemeinschaften aus. In einigen Gegenden ist die Situation auch weiterhin angespannt. Dort kam es Berichten zufolge in den Monaten Juli und August sporadisch zu weiteren Gewaltakten. Nach UN-Angaben sind im Staat Rakhine seit Juni mehr als 100.000 buddhistische und muslimische Gläubige von der Gewalt betroffen. Regierungsamtliche Quellen nennen eine Zahl von 87 Todesopfern und weiteren 120 Verletzten. Mehr als 5300 Häuser wurden dem Erdboden gleichgemacht. Mitte August lebten rund 65.000 Menschen in Lagern für Binnenvertriebene.
Nach Angaben der Regierung sind im Zusammenhang mit den Ausschreitungen mehr als 850 Tatverdächtige festgenommen worden, mehrheitlich Muslime. Zum Kreis der verhafteten Personen zählen UN-MitarbeiterInnen und Angehörige nichtstaatlicher Organisationen für Entwicklungszusammenarbeit.
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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2012