ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-195/2012, AI-Index: AMR 41/049/2012, Datum: 9. Juli 2012 - mr
Mexiko
Gemeindesprecherin wird mit dem Tod bedroht
Frau MARGARITA GUADALUPE MARTÍNEZ MARTÍNEZ ihre Familie
und die MITARBEITERINNEN DES MENSCHENRECHTSZENTRUM Fray Bartolomé de las Casas
Eine Menschenrechtsaktivistin im mexikanischen Bundesstaat Chiapas ist mit dem Tod bedroht worden, weil sie MitarbeiterInnen der Behörden angezeigt hat. Sie und ihre Familie sind in großer Gefahr.
Am 30. Juni fand Margarita Guadalupe Martínez Martínez eine schriftliche Mitteilung, die von Unbekannten auf dem Gelände ihres Familienbetriebs in der Stadt San Cristóbal de las Casas im mexikanischen Bundesstaat Chiapas im Süden Mexikos abgegeben worden war. In der Nachricht wird sie aufgefordert, die Verfolgung von PolizistInnen und anderen BehördenvertreterInnen einzustellen, die im November 2009 ohne Durchsuchungsbefehl ihr Haus durchsucht hatten. Ihr wird weiter nahegelegt, gegen die Zahlung einer bestimmten Summe die Anzeige zurückzuziehen und das Land zu verlassen. Die VerfasserInnen der Nachricht drohen ihr mit dem Tod: "Wenn du diesen Brief öffentlich machst, setzt du dich endgültig auf die Liste der Verschwundenen." ("si haces pública esta carta, ahora si pasarás a la lista de desaparecidos"). Die Durchsuchung ihres Hauses durch die Polizei im Jahr 2009 scheint eine Repressalie gegen sie und ihren Mann Adolfo Guzmán Ordaz gewesen zu sein. Die beiden setzen sich für indigene Gemeinschaften in der Gemeinde Comitán im Bundesstaat Chiapas ein. Im Februar 2011 wurde Margarita Martínez kurzzeitig entführt, da sie die Anzeige gegen die Verantwortlichen für die rechtswidrige Durchsuchung ihrer Wohnung weiter verfolgte. Aus Sicherheitsgründen zog die Familie nach San Cristóbal de las Casas und hat dort aufgrund einer Anordnung der Interamerikanischen Menschenrechtskommission aus dem Jahr 2010 ein gewisses Maß an Schutz erhalten.
In dem Drohbrief wird auch das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas erwähnt. Das lokale Menschenrechtszentrum vertritt Margarita Martínez in dem Fall der rechtswidrigen Durchsuchung ihres Hauses. Die VerfasserInnen drohen mit Auftragsmorden, um sicher zu gehen, dass der Fall und die Arbeit der Organisation nicht fortgeführt werden: "Wir werden ein Kopfgeld auf sie aussetzen, damit das so schnell wie möglich aufhört" ("les vamos a poner precio para que esto termine lo antes posible").
Margarita Guadalupe Martínez Martínez und ihr Ehemann und Aktivist Adolfo Guzmán Ordaz unterstützen im Bundesstaat Chiapas die örtlichen indigenen Gemeinschaften im Bezirk Comitán. Die Gemeinschaften fordern einen Platz, an dem sie in der Stadt Comitán ihren traditionellen Markt abhalten können. Um Druck auf die Behörden auszuüben, führen sie Demonstrationen und Straßenblockaden durch. Margarita Martínez und Adolfo Guzmán Ordaz sind Mitglieder der lokalen Organisation Enlace Comunicación y Capacitación, die indigene Gemeinschaften und ländliche Gemeinden im Bereich der Menschenrechte und nachhaltiger wirtschaftlicher Entwicklung schult.
Die Polizei des Bundesstaates durchsuchte die Wohnung der Familie Guzmán Martínez in den frühen Morgenstunden des 8. November 2009 ohne Durchsuchungsbefehl. Die Razzia könnte ein Versuch gewesen sein, Margarita Martínez und Adolfo Guzmán davon abzubringen, ihre Arbeit mit den indigenen Gemeinschaften fortzusetzen. Darüber hinaus erhält das Ehepaar Morddrohungen und wurde auf andere Art und Weise eingeschüchtert. So wurde Margarita Martínez am 25. Februar 2010 kurzzeitig entführt und im November 2010 näherten sich ihr drei Männer und drohten ihr, sie zu erschießen, wenn sie nicht tue, wie ihr geheißen ("tienes que hacer lo que te decimos si no te damos tres plomazos"). Die Drohungen, Einschüchterungen und die Morddrohung vom 30. Juni 2012 sind aller Wahrscheinlichkeit nach Vergeltungsmaßnahmen, weil die beiden die Anzeige gegen die PolizistInnen und anderen BeamtInnen, die für die rechtswidrige Durchsuchung der Wohnung der Familie Guzmán Martínez verantwortlich sind, weiter verfolgen. Obwohl die Behörden behaupten, dass sie ermitteln, ist noch niemand zur Verantwortung gezogen worden.
Im März 2010 forderte die Interamerikanische Menschenrechtskommission die mexikanischen Behörden auf, die Sicherheit der Familie Guzmán Martínez zu gewährleisten. Derzeit bereitet sich Margarita Martínez auf einen Besuch in New York vor, wo sie Teil der Delegation von Menschenrechtsverteidigerinnen sein wird, die an den Sitzungen des UN-Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau teilnehmen. In der Sitzung am 17. Juli 2012 wird es um Mexiko gehen.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2012