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AKTION/1107: Urgent Action - Brasilien - AktivistInnen in Lebensgefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-185/2012, AI-Index: AMR 19/009/2012, Datum: 2. Juli 2012 - cr

Brasilien
AktivistInnen in Lebensgefahr



In Gefahr:
Frau DAIZE MENEZES DE SOUZA
Herr ALEXANDRE ANDERSON DE SOUZA
Getötet:
Herr ALMIR NOGUEIRA DE AMORIM
Herr JOÃO LUIZ TELLES PENETRA

Alexandre Anderson de Souza, Präsident der am Rande von Rio de Janeiro ansässigen Fischereigewerkschaft Associação Homens e Mulheres do Mar (AHOMAR), und seine Ehefrau Daize Menezes de Souza sind schon wiederholt wegen ihrer Umweltschutzaktivitäten bedroht worden. Nachdem Ende Juni zwei Mitglieder der Gewerkschaft getötet wurden, schwebt das Ehepaar in großer Gefahr. Die beiden werden nicht ausreichend geschützt.

Ende Juni wurden Almir Nogueira de Amorim und João Luiz Telles Penetra, zwei Fischer und aktive AHOMAR-Gewerkschafter, in der Meeresbucht Guanabara in Rio de Janeiro tot aufgefunden. Die beiden Männer waren verschwunden, seit sie am 22. Juni 2012 zum Fischen aufgebrochen waren. Erste Untersuchungen der Mordkommission deuten darauf hin, dass beide Männer gefesselt und anschließend ertränkt wurden.

Den beiden Toten ging eine noch anhaltende Welle von Drohungen gegen Alexandre Anderson de Souza, seine Ehefrau Daize Menezes de Souza und weiteren GewerkschafterInnen voraus. Die Drohungen sind eine Reaktion auf die Beschwerden der Organisation im Zusammenhang mit dem Bau einer Gaspipeline in der Meeresbucht und den Umweltschäden, die den Lebensunterhalt der traditionellen Fischer gefährden. Am 22. Mai 2009 wurde der Schatzmeister der Fischereigewerkschaft, Paulo César dos Santos Souza, vor den Augen seiner Frau und Kinder erst zusammengeschlagen und dann durch einen Kopfschuss getötet. Im darauffolgenden Jahr wurde Márcio Amaro, ein Gründungsmitglied der Gewerkschaft, ebenfalls in seinem Haus erschossen. Beide Fälle wurden bis heute nicht aufgeklärt. Alexandre Anderson de Souza hat nach eigener Aussage in den vergangenen drei Jahren sechs Anschläge auf sein Leben überlebt.

Im August 2009 wurden Alexandre Anderson de Souza und seine Ehefrau in ein staatliches Schutzprogramm für MenschenrechtsverteidigerInnen aufgenommen. Die Schutzmaßnahmen wurden allerdings nur teilweise umgesetzt. So beschwerte sich Alexandre Anderson de Souza des Öfteren, dass die ihm zur Verfügung gestellten Sicherheitskräfte unzureichend ausgebildet und schlecht ausgestattet seien. Er berichtete zudem, dass einige der Sicherheitskräfte zuvor für die Bewachung der Pipeline zuständig und bereits in Auseinandersetzungen mit AHOMAR-Mitgliedern involviert gewesen waren. Seine Ehefrau, Daize Menezes de Souza, ist ebenfalls für AHOMAR aktiv und wird nicht geschützt, obwohl sie mehrfach bedroht wurde.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

AHOMAR wurde 2003 gegründet und vertritt mittlerweile über 1800 traditionelle FischerInnen, die in Rio de Janeiro leben und arbeiten. Unter der Leitung von Alexandre Anderson de Souza wurde die Gewerkschaft gegründet, um sich gegen wachsende Umweltschäden in der Meeresbucht Guanabara, die ihren Lebensunterhalt bedrohen, zu wehren. Seit 2007 wehrt sie sich gegen Comperj (Complexo Petroquímico do Rio de Janeiro). Die Unternehmensgruppe baut Gaspipelines in der Bucht Guaranbara. Im Jahre 2009 verhinderte AHOMAR 38 Tage lang die Arbeiten an der Pipeline, indem die FischerInnen ihre Boote entlang der Pipeline-Baustelle in der Bucht vor Anker legten. Seit diesen Protesten berichtet Alexandre Anderson de Souza über Drohungen und im September 2010 wurde eine Eilaktion zu seinem Schutz gestartet (siehe UA 192/2010, AMR 19/011/2010,
http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-192-2010/gewerkschafter-bedroht). Im Dezember 2010 besuchte eine Delegation von Amnesty International den Sitz von AHOMAR in Magé in der Nähe von Rio de Janeiro. Den Delegierten wurde von zahlreichen Gewaltakten und Einschüchterungen gegen die Gewerkschaft berichtet. Das brasilianische Menschenrechtsprogramm ist im Bundesstaat Rio de Janeiro bislang nur lückenhaft umgesetzt worden. In Rio de Janeiro steht die Unterzeichnung einer Verordnung zur Einrichtung einer Schutzinstanz für MenschenrechtsverteidigerInnen auf bundesstaatlicher Ebene noch aus. Für Alexandre Anderson de Souza ist in einer Reihe einzelner Sofortmaßnahmen Schutz in sehr unterschiedlicher Qualität zur Verfügung gestellt worden. Obwohl seine Ehefrau ebenfalls durch das Menschenrechtsprogramm geschützt werden soll, hat sie bisher keinerlei Schutzmaßnahmen erhalten. Die Situation der Gewerkschaft AHOMAR hat sich durch den Abzug des Polizeipostens am Strand Praia de Mauà (Destacamento de Policiamento Ostensivo da Praia de Mauá) nahe des Gewerkschaftshauptsitzes Magé im Februar diesen Jahres weiter zugespitzt.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE UND LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte kommen Sie ihren Versprechen nach und stellen Sie Alexandre Anderson de Souza und seiner Ehefrau Daize Menezes de Souza in Absprache mit ihnen sofort umfassenden Schutz zur Verfügung.
  • Ich fordere Sie auf, alle gegen die Mitglieder der Gewerkschaft gerichteten Drohungen gründlich zu untersuchen und eine gemeinsame Untersuchung der in den letzten fünf Jahren begangenen vier Morde einzuleiten.
  • Ich appelliere an Sie, das staatliche Programm für den Schutz von MenschenrechtsverteidigerInnen (State Programme for the Protection of Human Rights Defenders) vollständig umzusetzen und wieder eine feste Polizeipräsenz in der Nähe des AHOMAR-Hauptsitzes in Praia de Mauà einzurichten.

APPELLE AN

MINISTERIN FÜR MENSCHENRECHTE
Exma Sra. Ministra Maria do Rosário Nunes
Setor Comercial Sul-B, Quadra 9, Lote C
Edificio Parque Cidade Corporate,
Torre "A", 10º andar,
70308-200 - Brasília/DF
BRASILIEN
(korrekte Anrede: Exma. Sra. Ministra / Dear Minister / Sehr geehrte Frau Ministerin)
Fax: (0055) 61 2025 9414

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT IN RIO DE JANEIRO
Exmo. Sr. José Mariano Beltrame
Pç. Cristiano Ottoni, s/nº
Ed. Pedro II - 4º andar
Centro 20.221-250
Rio de Janeiro/RJ, BRASILIEN
(korrekte Anrede: Prezado Sr. Secretário / Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 55) 21 2334 9329


KOPIEN AN

GEWERKSCHAFT
Associação Homens e Mulheres do Mar da Baía de Guanabara - AHOMAR
Av. do Imperador, nº 41
Praia de Mauá
Município de Magé
Rio de Janeiro/RJ, BRASILIEN
Cep.: 25930-000

BOTSCHAFT DER FÖDERATIVEN REPUBLIK BRASILIEN
S. E. Herrn Everton Vieira Vargas
Wallstraße 57
10179 Berlin
Fax: 030-72 628-320
E-Mail: brasem.berlim@itamaraty.gov.br


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Portugiesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 13. August 2012 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Urging the authorities to fulfil their promises by immediately providing Alexandre Anderson de Souza and his wife Daize Menezes de Souza with full protection in accordance with their needs and wishes.
  • Calling on the authorities to thoroughly investigate all threats against association members and launch a joint investigation into the four killings that have occurred over the past five years.
  • Urging the authorities to fully implement the State Programme for the Protection of Human Rights Defenders and reinstate a permanent police presence in Praia de Mauá, near AHOMAR's headquarters.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-185/2012, AI-Index: AMR 19/009/2012, Datum: 2. Juli 2012 - cr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2012