Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → AMNESTY INTERNATIONAL

AKTION/1054: Urgent Action - Bahrain - Trotz Kaution weiter in Haft


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-128/2012-1, AI-Index: MDE 11/033/2012, Datum: 23. Mai 2012 - bs/mr

Bahrain
Trotz Kaution weiter in Haft



NABEEL RAJAB, Leiter des Menschenrechtszentrums von Bahrain

Am 20. Mai gewährte ein Gericht dem prominenten Menschenrechtler Nabeel Rajab die Haftentlassung gegen Kaution. Er befindet sich jedoch immer noch in Gewahrsam, obwohl er die Kautionssumme hinterlegt hat. Die gegen ihn erhobene Anklage wegen "Verunglimpfung einer nationalen Institution" ist nicht fallen gelassen worden. Für den 28. Mai ist eine weitere gerichtliche Anhörung angesetzt, in der sich Nabeel Rajab zu einem anderen Anklagepunkt verantworten muss. Ein Strafgericht hat am 20. Mai die Kautionssumme von Nabeel Rajab im Zusammenhang mit der Anklage "Verunglimpfung einer nationalen Institution" über das Twitter-Netzwerk auf 300 BHD (ca. 800 US-Dollar) festgesetzt. Die Anklage wurde jedoch nicht fallen gelassen und der Fall ist am 23. Mai auf den 24. Juni vertagt worden. Obwohl Nabeel Rajab die Kautionssumme gezahlt hat, befindet er sich immer noch im Gefängnis, weil ihm ein weiteres Verfahren wegen des Vorwurfs droht, andere dazu aufgefordert zu haben, mit ihm gemeinsam an nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Regierung teilzunehmen. Die Anhörung in diesem Verfahren soll am 28. Mai stattfinden. Gegen den Menschenrechtler ist außerdem ein Reiseverbot verhängt worden. Nabeel Rajab war am 5. Mai wegen des Vorwurfs der "Verunglimpfung einer nationalen Institution" festgenommen worden, nachdem er Kommentare auf Twitter gepostet hatte. Am 16. Mai erschien er vor einem Strafgericht in Bahrains Hauptstadt Manama und erklärte dem Gericht, er betrachte die Anklage als politisch motiviert und böswillig. Er soll gesagt haben: "Ich habe lediglich mein Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen. Ich habe keine Straftat begangen. Die Entscheidung, mich festzunehmen und vor Gericht zu stellen, war politisch motiviert".

Nabeel Rajab ist Vorsitzender des Menschenrechtszentrums von Bahrain (Bahrain Centre für Human Rights) und Direktor des Menschenrechtszentrums am Golf (Gulf Centre for Human Rights). Er ist bereits zuvor mehrfach wegen seines Engagements für Menschenrechte und Demokratie ins Visier der Sicherheitskräfte geraten. Ebenso ist es immer wieder auch anderen AktivistInnen ergangen, die in den letzten Monaten zu friedlichen Protesten gegen die Regierung aufgerufen haben. Nabeel Rajab hat am 6. Februar eine Protestkundgebung organisiert, auf der die Freilassung von politischen Gefangenen gefordert wurde. Während der Demonstration wurde der Menschenrechtler von der Bereitschaftspolizei angegriffen, die ihn mehrfach mit Fausthieben auf den Kopf und Rücken sowie ins Gesicht traktierten. Er sagte: "Ich fiel hin, aber sie schlugen weiter auf mich ein, sie trampelten sogar auf mir herum und traten mich."


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nabeel Rajab war im Zusammenhang mit einer vom Innenministerium gegen ihn erstatteten Anzeige für den 26. April von der Staatsanwaltschaft zur Vernehmung vorgeladen worden. Wegen seiner bevorstehenden Auslandsreise nahm er den Termin jedoch nicht wahr. Gegen den Menschenrechtsverteidiger erging im Zusammenhang mit den von ihm versandten Twitter-Nachrichten Anklage wegen "Verunglimpfung einer nationalen Institution" (gemeint war das Innenministerium). Bei seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft erklärte Nabeel Rajab, er habe sämtliche Twitter-Nachrichten selbst verfasst und verschickt. Die Beantwortung weiterer Fragen lehnte er ab. Bei seiner Rückkehr am 5. Mai wurde er auf dem Flughafen von Manama festgenommen und befindet sich seither in Haft.

Die Menschenrechtskrise in Bahrain ist noch lange nicht vorbei. Trotz gegenteiliger Beteuerungen der Behörden geht die staatliche Unterdrückung der GegnerInnen des Königshauses Al-Khalifa und die Repression gegen KritikerInnen der Regierung seit den im Februar und März 2011 radikal niedergeschlagenen Aufständen unvermindert weiter. Die bahrainische Regierung erklärte wiederholt ihre Absicht, Reformen auf den Weg zu bringen und Lehren aus den Ereignissen des Jahres 2011 zu ziehen. Im November 2011 präsentierte die von König Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa einberufene unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (BICI) ihre Ermittlungsergebnisse mit Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen während der Proteste. In dem Bericht wurde unter anderem festgestellt, dass die Behörden straffrei mit unverhältnismäßiger Gewalt gegen Protestierende vorgegangen waren, dazu zählte exzessive Gewaltanwendung gegen Protestierende, weit verbreitete Folter und andere Misshandlungen von Protestierenden, unfaire Gerichtsverfahren und rechtswidrige Tötungen. Der Bericht enthält die Aufforderung, umgehend ein unabhängiges Gremium bestehend aus VertreterInnen der Zivilgesellschaft, der Opposition und der Regierung zu bilden. Es soll die Umsetzung der Empfehlungen des Berichts beobachten und rechtliche Reformen voranbringen, um sicherzustellen, dass die Gesetze mit den internationalen Menschenrechtsstandards übereinstimmen. Zudem soll es dafür sorgen, dass die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt werden.

Doch bislang hat die Regierung Bahrains auch auf die Empfehlungen der BICI lediglich mit halbherzigen Reformen reagiert, die möglicherweise nur darauf abzielen, Bahrains internationale Partner zufriedenzustellen. Rechenschaft und Gerechtigkeit für die Betroffenen haben sie bisher nicht bewirkt. Die Menschenrechtsverletzungen gehen unvermindert weiter. Die Regierung weigert sich, die vielen Gefangenen freizulassen, die sich für bedeutende politische Reformen einsetzten, und ignoriert auch weiter die von der schiitischen Minderheit angeprangerte Diskriminierung und politische Marginalisierung, die die religiöse Spaltung im Land vertieft.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich bin sehr besorgt darüber, dass Nabeel Rajab nur aufgrund der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurde, und fordere seine sofortige und bedingungslose Freilassung.

- Schützen Sie Nabeel Rajab bitte vor Folter und anderen Misshandlungen.

- Bitte leiten Sie eine Untersuchung der Vorwürfe ein, dass er bei einer Demonstration im Februar 2012 geschlagen und anderweitig misshandelt wurde. Die dafür Verantwortlichen müssen umgehend in einem fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.


APPELLE AN

KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555, Rifa'a Palace
al-Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587

INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
Ministry of Interior, P.O. Box 13, al-Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain

STAATSANWALT
Mr. 'Ali al-Bu'ainein
Public Prosecution Office
PO Box 450, al-Manama, BAHRAIN
(korrekte Anrede: Dear Mr. 'Ali al-Bu'ainein / Sehr geehrter Herr 'Ali al-Bu'ainein)
Fax: (00 973) 1753 0884


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S.E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7, 10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de oder über die Website
http://www.bahrain-embassy.de/kontakt/


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. Juli 2012 keine Appelle mehr zu verschicken. Weitere Informationen zu UA-128/2012 (MDE 11/029/2012, 8. Mai 2012)


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Expressing concern that Nabeel Rajab has been detained solely for exercising his right to freedom of expression and urging his immediate and unconditional release.

- Urging the Bahraini authorities to protect him from torture or other ill-treatment and calling for an investigation into the reports that he was beaten during a protest in February 2012. Anyone found responsible for abuses should be brought to justice promptly and fairly.

*

Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-128/2012-1, AI-Index: MDE 11/033/2012, Datum: 23. Mai 2012 - bs/mr
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Postfach - 53108 Bonn
Heerstr. 178, 53111 Bonn
Telefon:+ 49 228 98373-0, Fax: +49 228 630036
E-Mail: ua-de@amnesty.de; info@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de/ua; www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Mai 2012