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REZENSION/131: Jonathan Bresman - The Art of Star Wars (SciFi) (SB)


Jonathan Bresman


The Art of STAR WARS

EPISODE I - Die Dunkle Bedrohung



Wahre Abenteuer finden in den Medien statt - so wollen es jedenfalls Kino, Fernsehen, Internet und auch Rundfunk glauben machen. Der Widerspruch, der sich allein schon aus dem Begriff Medium ergibt und keinen Zweifel daran läßt, daß eine wie auch immer geartete Vermittlung eines Abenteuers wohl kaum identisch mit selbigem sein kann, fällt im Zeitalter medialer Omnipräsenz nicht mehr auf. In den bunten Unterhaltungswelten voller Surrogate ist der Vergleich zu dem, was ersatzweise für Abenteuer geliefert wird, ganz und gar verloren gegangen - drum sei es den Konsumenten, die mit den medialen Angeboten zufrieden sind, nicht vergönnt.

Wenngleich es nicht unerwähnt bleiben sollte, daß beispielsweise die Science-fiction in den zurückliegenden Jahrzehnten eine bemerkenswerte Wandlung erfahren hat. Hatte der ein oder andere Science-fiction-Autor utopische Welten entworfen, mit deren Hilfe dem Leser ein kritischer Blick auf seine eigene Herkunft und gesellschaftliche Aussicht ermöglicht wurde, so wird das SF-Genre heute nahezu ausschließlich von Produkten besetzt, die den Erwartungen der Leser zu entsprechen trachten und bloß keine Irritationen aufkommen lassen.

Den größten Einfluß auf die Science-fiction haben zweifelsohne Kino- und Fernsehproduktionen, die zugleich multimedial auf breiter Front vermarktet werden. Dazu zählen fiktive Welten wie Star Wars, Star Trek oder - zumindest im deutschsprachigen Raum - im wachsenden Maße auch Perry Rhodan. Während letztgenannter aber den Weg vom Roman zum Medium Kino sucht, sind Star Trek und Star Wars den umgekehrten Weg gegangen. Heute wird der Buchmarkt geradezu überschwemmt von Romanen, die Fernsehserien oder Kinofilmen nacherzählt sind und meist nicht mehr als ein Script bestimmter Episoden bieten.

Wichtiger Bestandteil all dieser multimedialen Erlebniswelten sind Bücher, in denen Serien- oder Kinofilmproduzenten ihre Arbeit einer Fan-Gemeinde vorstellen und Hintergrundmaterial liefern, das bislang auf herkömmlichen Publikationswegen nicht zu erweben war. Wer sich früher darüber informieren wollte, wie ein bestimmter Kinofilm entstanden ist, mußte schon in Spezialbibliotheken nach Fachliteratur graben oder sich vor Ort erkundigen, was zwangsläufig den wenigsten möglich war. Heute dagegen erfährt der Leser alles über seine Lieblingsserie, über Schauspieler, Drehorte, Probleme am Set und vieles mehr. Also über "seine" Welt, in der er sich dann träumerisch bewegt und die für einige um so mehr Reize bereit hält, je vollständiger die Sammlung an Merchandising-Produkten ist.

An vorderster Stelle der weltweiten Vermarktung eines literarisch bescheidenen, cineastisch eher durchschnittlichen Unterhaltungsprodukts steht die Science-fiction-Serie Star Wars. Sie hat inzwischen Kultstatus erlangt, nicht wenige sehen in ihr eine Religion. 70.000 Australier haben bei der letztjährigen Volkszählung unter der Rubrik Religion "Jedi" geschrieben, um ihre Verbundenheit mit den Ritterhelden aus Star Wars zu bekunden. Auch wenn die Zahl aufgrund einer gewissen Trotzreaktion der Menschen gegen die Behörden sowie eines Aufrufs von Fans, es müßten mindestens 10.000 Menschen sich zu Jedi bekennen, damit diese in Australien als Religion anerkannt werde, sehr hoch ausfällt, zeigt sich ungeachtet dessen der breite Zuspruch sowie das Interesse einer eifrigen Fan-Gemeinde, dem Science-fiction-Spektakel religiösen Gehalt abzugewinnen.

Was bereits in den siebziger Jahren mit einer mehrteiligen Kinoserie begann, wurde vor wenigen Jahren mit "Episode 1 - Die dunkle Bedrohung" fortgesetzt. In dem vorliegenden Buch "The Art of Star Wars" präsentiert nun Jonathan Bresman zahlreiche Design- Entwürfe zu den Planeten, Raumschiffen und Extraterrestriern, die in dem Kinofilm vorkommen. Wobei Bresman vorzugsweise jene Entwürfe und Ideen des Concept Design Team vorlegt, die dann doch nicht genommen wurden.

Nach welchen Kriterien die oberste Instanz, der Regisseur George Lucas, seine jeweilige Entscheidung trifft, bleibt leider auch nach der Durchsicht des aufwendig gestalteten Bildbands im dunkeln. Für Bresman scheint rückblickend "die Entwicklung eines Kostüms, Charakters oder Raumschiffs vom Start bis zum Ziel völlig zwangsläufig erfolgt zu sein" - eine Erkenntnis, die der Bildband leider nicht vermittelt. Dabei macht er durchaus deutlich, daß hinter der letztgültigen Endfassung der Designerstudien - Storyboards genannt -, die dann der filmischen Animation zugrundeliegen, sehr viel Arbeit steckt, die von den Zuschauern gar nicht erkannt wird. Aber für den interessierten Leser, der vielleicht etwas mehr über die moderne computeranimierte Machart von Kinofilmen erfahren möchte, bleibt der bloße Verweis, daß sich Lucas eben für diesen oder jenen Entwurf aus diesem oder jenem Grund entschieden habe, kaum nachvollziehbar.

Der Autor behauptet in seiner Einleitung, daß Storyboards von Natur aus "statisch" seien, während es bei Kinofilmen um "Bewegung" gehe. Der vorliegende, 216 Seiten umfassende Bildband belegt zwar in der Tat, daß die Entwürfe sehr statisch sind, ja, mitunter geradezu eingefroren wirken, doch das zu generalisieren wird den Entwürfen der Designer, die für andere Kinofilme arbeiten, nicht gerecht. Es ist eine spezifische Eigenart von "Die dunkle Bedrohung - Episode 1", daß die Figuren leblos wirken und sich der Einfallsreichtum ihrer Schöpfer darauf beschränkt, dem Pferd ein Horn, einen Walroßbauch und eine Krokodilshaut zu verpassen, und schwupps! hat man das extraterrestrische Reittier auf der Platte.

Passend dazu gesellt sich ein Stil-Eklektizismus, bei dem sich die 16 Designer aus den verschiedensten architektonischen Epochen wie in einem Warenhaus bedienten. Da wundert es nicht, wenn die Produkte frappante Ähnlichkeiten aufweisen, ohne dabei ein insgesamt kongruentes Bild zu erzeugen.

Jene stillose Mischung wird sogar noch als meisterlicher Transformationsprozeß mit lucas'schem Letztgültigkeitsfilter verkauft! Wenn dem Regisseur eine klassische Vorlage nicht monumental genug erschien, dann wurden per Computerdesign kurzerhand einige Wände gelöscht und Türme, Säulen und Bögen eben noch höher gezogen als im Original. Ohnehin scheint Lucas die aufstrebende Form zu bevorzugen, ein sprichtwörtliches Extrem bildet die Stadtansicht von Coruscant, in der der Galaktische Senat dieser SF-Geschichte angesiedelt wird.

Nun verhält es sich aber so, daß gerade das Design und die Computeranimation von Star Wars gemeinhin als richtungsweisend für die Filmproduktion des Science-fiction-Genres erklärt wird, während der Handlung bestenfalls durchschnittliche Qualität zugesprochen wird. Der vorliegende Bildband über die nicht berücksichtigten Konzepte und Studien bestätigt indes, was auch der Zuschauer des Kinofilms bereits bemerkt hat, sofern er sich nicht von allerlei gebotenem Glanz blenden und der ebenfalls monumentalen Musik betören ließ: Das Star-Wars-Epos ist in vielerlei Hinsicht einfallslos, auch und gerade auf dem Gebiet des Designs. Für den Fan wird das natürlich keine Rolle spielen, aber wer sich von dem 39,90 Euro teuren Bildband generell tiefere Einblicke in die Machart moderner Kinofilme verspricht, ist von einem Kauf abzuraten.


Jonathan Bresman
The Art of STAR WARS
EPISODE I - Die Dunkle Bedrohung
Dino Entertainment, Italien, August 2002
216 Seiten, 39,90 Euro
ISBN 3-89748-415-3