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FRANZÖSISCH/092: Skizzen... Was, wenn ich's immer noch nicht kann?! (SB)


Skizzen


Was ist, wenn ich's immer noch nicht kann?!



Ein Problem, das den wenigsten unbekannt sein dürfte: Man hat sich in mühevollen Stunden einem Grammatikthema gewidmet, nehmen wir die Si-Sätze. Man hat alles begriffen, die Übungen gemacht, fehlerfrei oder fast fehlerfrei gelöst - und erleichtert aufatmend festgestellt: Also dieses Thema wäre erledigt, das kann ich jetzt.

Aber das Leben geht weiter, der Französischschwerpunkt wechselt, vielleicht liest man nun mehr, legt eine kleine Kunstpause ein oder beschäftigt sich mit unregelmäßigen Verben... Und dann kommt der folgenschwere Moment, in dem man wieder vor der Aufgabe steht, einen französischen Bedingungssatz zu formulieren und feststellt: Oh ha, wie war das noch?! Man braucht keinen Schreck zu bekommen, wenn man dann nicht weiter weiß, denn wenn man sich nicht wirklich täglich mit der Materie befaßt, Französisch spricht, liest oder hört und so immer wieder Beispiele vor sich hat, ist das einmal errungene Wissen nicht unbedingt präsent. Das heißt jedoch nicht, daß man alles wieder vergessen hat. Bei etwas mehr Überlegen, Ruhe und dem Vertrauen auf die eigenen Interessen und Fertigkeiten, das man wirklich haben kann, stellt es sich wieder ein.

Folgende Möglichkeiten stehen hier offen:

Entweder man überlegt, macht sich eventuell Notizen, geht dabei kleinschrittig vor.
Man sieht sich die entsprechenden Schattenblick-Ausführungen noch einmal an.
Man nimmt sich zum flüchtigen Auffrischen noch einmal eine Grammatik vor, am besten die vertraute, aber eine andere tut es auch.
Man schreibt kurz die Regeln nieder. Wenn sie einem einfallen, sofort, sonst aus dem Buch kopieren.
Es lohnt sich auch, ein oder zwei Sätze zu formulieren.

Keineswegs ist diese Art von Vergessen, die man eher ein Nicht-Präsenthaben nennen müßte, ein Zeichen dafür, daß die Mühe ganz vergeblich war oder man sich partout nichts merken kann. Sofern man eine Sprache nicht durch tägliche Verwendung - in welcher Form auch immer - lebendig hält, ruht das erworbene Wissen und muß dann eben wieder geweckt werden. Das ist nicht schwierig. Also, man hat es nicht immer noch nicht gelernt, sondern lediglich hinten in der Schreibtischschublade, an einem etwas schwerer erreichbaren Ort, gelagert. Man muß ein wenig kramen. Das Kramen allerdings kann sogar einen zusätzlichen Lerneffekt haben.

Raute

Und dann gibt es wohl noch den Fall, daß man meint, sich von vornherein gar nichts merken zu können. Also so etwas wie: Französische Bedingungssätze, unregelmäßige Verben, das lerne ich nie!! Zunächst einmal möchte ich die Lektüre des folgenden Textes empfehlen:

FRANZÖSISCH/074: Skizzen... Sprachunbegabt? - So etwas gibt es nicht!

Gibt sich das Problem dann immer noch nicht - was ich mir nur sehr schwer vorstellen kann -, möchte ich dringend raten, nicht aufzugeben. In vielen Fällen ist dies der eigentliche Schlüssel: Man gibt schnell oder zu schnell auf, traut sich nichts zu, läßt sich verwirren oder unter Druck setzen. Geht nun gar nichts mehr, macht man einfach einen Schritt zurück, packt das Problem auf einer niedrigeren Stufe an. Kann ich mir im Falle der Si-Sätze zum Beispiel nicht merken, daß im Si-Teil des Satzes nie Zukunft oder Konditional steht, habe ich möglicherweise schon mit den Zeiten ein Problem oder versuche etwas zu verstehen, das es gar nicht zu verstehen gibt. Die Frage: Warum dürfen da weder Zukunft noch Konditional stehen, ist zwar sehr verständlich, sollte man sich auch ruhig stellen, aber man sollte sie nicht zum Hindernis für's Lernen werden lassen. Sprache ist regelhaft, Sprache ist eigentlich tote Substanz. Das heißt leider, um das sture Auswendiglernen kommt man nicht herum. Das ist die Anpassungleistung, die man erbringen muß, um sich eine Sprache anzueignen. Hat man darüber hinaus Fragen, und ich meine richtig Fragen und nicht die trotzige Abwehr: Was soll denn das ganze!!!, kann das eigentlich das Erlernen einer Sprache nur fördern, weil diese Fragen faszinieren, also den Verstand binden. Denn dann beschäftigt man sich damit. Nur sollte man diese Fragen als solche erkennen, herauslösen und freudig bearbeiten und nicht als Mauer in die Gegend stellen, die da hieße: Wenn ich nicht sofort verstehe, also meine Antwort bekomme, dann lerne ich auch nicht!

Also, viel Spaß beim Französischlernen!


Erstveröffentlichung am 1. März 1999


2. November 2007