Schattenblick →INFOPOOL →BILDUNG UND KULTUR → REPORT

INTERVIEW/017: Leibniz-Sozietät - Über den Tellerrand ... Prof. Dr. Gerhard Banse im Gespräch (SB)


Fragen zu den Forschungslandschaften in Deutschland am Beispiel der Leibniz-Sozietät

Interview mit Prof. Dr. Gerhard Banse am 24. März 2014 in Berlin



In dem Strauß an wissenschaftlichen Einrichtungen, die sich in Deutschland 300 Jahre nach der Gründung einer Wissenschaftsakademie auf den Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) berufen, nimmt die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin eine besondere Position ein. Sie ist wie die heutige Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) aus der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR hervorgegangen, doch nur aufgrund der gemeinsamen Anstrengung zahlreicher Mitglieder, die tradionsreiche Wissenschaftsakademie als Gelehrtengesellschaft (der von Gottfried Wilhelm Leibniz geschaffenen und vom Brandenburgischen Kurfürsten per 11. Juli 1700 eingesetzten Brandenburgischen Societät der Wissenschaften) in Form eines privatrechtlich organisierten Vereins auch ins 21. Jahrhundert zu überführen. Zwar hatte der Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nach Gutachten führender Rechtswissenschaftler der BRD ein Fortführungsgebot für die Gelehrtensozietät enthalten, dennoch wurde den in- und ausländischen Mitgliedern in einem Brief des verantwortlichen Berliner Senators am 7. Juli 1992 mitgeteilt: "Mit der Beendigung der früheren Gelehrtensozietät ist auch ihre Mitgliedschaft erloschen." [1] Damit war der Gelehrtensozietät die Möglichkeit verwehrt, weiter als Einrichtung öffentlichen Rechts zu wirken oder Anspruch auf staatliche Fördergelder zu erheben.

Das denkmalgeschützte Gebäude wurde 1914-1915 nach Plänen von Hermann Dernburg als Vereinshaus der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie errichtet, der es heute wieder gehört, und war von 1950 bis 1976 Sitz der Volkskammer der DDR. - Foto: 2010 by Beek100 freigegeben via Wikimedia Commons als CC-BY-SA-3.0 oder GFDL Lizenz

Sitz der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, das historische Langenbeck-Virchow-Haus
Foto: 2010 by Beek100 freigegeben via Wikimedia Commons als CC-BY-SA-3.0 oder GFDL Lizenz

Im Prozeß der deutschen Einheit war die Akademie nicht die einzige Wissenschaftsinstitution der DDR, die abgewickelt wurde, indem sich der Daumen des deutschen Wissenschaftsrats über ihr senkte, oder bei der Kommissionen eintrafen, die den zuvor Beschäftigten schlichtweg attestierten, daß sie nicht länger geeignet seien, ihre Arbeit fortzuführen. Rund 5.000 Professoren von 8.500 in der ehemaligen DDR wurden in der Folge dieser in Ostdeutschland durchgeführten flächendeckenden "Evaluierung" 1990 bis 1992 entlassen und begaben sich auf die Suche nach Überlebensmöglichkeiten außerhalb der etablierten Wissenschaftsintitutionen, um ihre Forschungstätigkeit und deren Publikationen fortzusetzen. Auf diese Weise entstand eine wissenschaftliche Tätigkeit an in der deutschen Forschung als weniger brauchbar für die immer stärker projektbezogene und programmgeförderte Forschungslandschaft aussortierten Themen, die u.a. wegen ihrer Anbindung an eine ostdeutsche Bildungstradition und ihren möglicherweise humanitäreren Ausrichtung in den ersten Jahren häufig als "Zweite Wissenschaftskultur" bezeichnet wurde. Zweifelsohne war die wissenschaftlich bedeutendste und produktivste Gründung in dieser Kultur die der heutigen Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin. Sie feierte im letzten Jahr ihr 20jähriges Bestehen sowie "die selbstlose Pflege und Förderung der Wissenschaften in der Tradition von Gottfried Wilhelm Leibniz", wie Gerhard Banse in seiner Festansprache die Aktivitäten der Leibniz-Sozietät im Sinne ihres Statuts würdigte.

Was unterscheidet den Verein nach 20 Jahren Forschungs- und Wissenschaftstätigkeit noch von anderen Vereinigungen der Zivilgesellschaft? Was verbindet und unterscheidet ihn von anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, die auf den Universalgelehrten zurückgehen, und was ist sein Beitrag an der Bewältigung der heutigen gesellschaftlichen Probleme, fragte der Schattenblick den heutigen Präsidenten der Leibniz-Sozietät, Prof. Dr. Gerhard Banse. [2]

Foto: © 2014 by Schattenblick

'Deutschland ist durch technische Entwicklungen groß geworden - nicht bloß durch Informationstechnik - und wir haben eine Tradition, Maschinenbau, Fahrzeugbau, für die man entsprechenden Nachwuchs braucht.'
Prof. Dr. Gerhard Banse
Foto: © 2014 by Schattenblick

Schattenblick (SB): Was macht für Sie den Reiz aus, für die Leibniz-Sozietät tätig zu sein?

Gerhard Banse (GB): Das Interessante ist, daß die Leibniz-Sozietät interdisziplinär organisiert und strukturiert ist. Wir haben eine Mischung aus etwa 320 Mitgliedern und eine Vielzahl von Wissenschaftsdisziplinen. Die spannendsten Themen sind immer die, in die aus den verschiedenen Sichtweisen Beiträge eingebracht werden. Das kann ein ganz aktuelles Thema sein - jetzt haben wir gerade die Energiewende -, da ist es eben interessant, die unterschiedlichen Sichten der Physiker, Techniker, Umweltleute und Ökonomen zu erleben. Oder ein anderes Thema: Letztes Jahr haben wir zu Rousseau eine Tagung gemacht, auch da ist es reizvoll zu sehen, was der Philosoph, der Pädagoge, der Sprachwissenschaftler dazu sagt. [3]

SB: Haben Sie denn regelmäßige Treffen, zu denen aus allen Disziplinen Fachleute zusammenkommen?

GB: Ja, wir haben die Organisationsprinzipien aus der Gelehrtengesellschaft der Akademie der Wissenschaften der DDR, aus der wir ja hervorgegangen sind, beibehalten. Das heißt, unsere zwei Klassen treffen sich einmal im Monat vormittags, eine für Sozial- und Geisteswissenschaften und eine Klasse für Naturwissenschaften und Technikwissenschaften. Nachmittags treffen sich dann alle Mitglieder im Plenum, wo zum Beispiel ein Vortrag von einem Mediziner gehalten wird, bei dem Philosophen, Ökonomen und auch Naturwissenschaftler anwesend sind und aus ihrer Sicht Fragen stellen und inhaltliche Ergänzungen oder Kommentare machen. Bis auf Juli und August findet das zehnmal im Jahr statt. Daneben gibt es dann noch eine Art Sonderformate, wie ich es nenne. Das sind zusätzliche Tagungen zu einem bestimmten Thema. Darüber hinaus haben wir neun Arbeitskreise, einer zum Beispiel aus dem Bereich Geo- und Kosmoswissenschaften, die zweimal im Jahr ein ganztägiges Kolloquium abhalten, natürlich etwas enger begrenzt auf die Geowissenschaften, aber die sind allein schon ein vielfältiges Gebiet.

Wir führen zudem seit zwölf Jahren in Oranienburg - ein Ort kurz vor Berlin im Land Brandenburg - sogenannte Toleranzkonferenzen durch, vor dem Hintergrund des Toleranzedikts des Preußenkönigs. [4]

Davon habe ich im letzten Jahr mit einem Kollegen die Best-of-Beiträge publiziert und es war natürlich interessant zu gucken, wie sich vom Philosophen über den Technikwissenschaftler, über einen Historiker und einen Ökonomen die Wissenschaftler zu diesem Thema Toleranz stellen oder welche Bedeutung dieses Thema für ihre Fachdisziplin hat. Genau das ist es auch, was für mich den Reiz an der Sozietät ausmacht. Und an solchen Gegenständen zeigt sich dann tatsächlich die Interdisziplinarität.

Einige Beispiele der von der Sozietät herausgegebenen Abhandlungen auf dem Wohnzimmertisch von Professor Banse - Foto: © 2014 by Schattenblick

Die Ergebnisbände der Jahreskonferenzen erscheinen als 'Abhandlungen der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften'
Foto: © 2014 by Schattenblick

SB: Kennen Sie andere Beispiele oder Organisationsformen, die so etwas Ähnliches machen wie eine Gelehrtensozietät?

GB: Eigentlich ist das ein Kennzeichen aller Wissenschaftsakademien, davon gibt es ja mehrere in Deutschland, wobei sie im wesentlichen föderal sind: die Akademie der Wissenschaften in Hamburg, eine in Nordrhein-Westfalen, die NRW-Akademie der Wissenschaften und der Künste, die Heidelberger Akademie der Wissenschaften, eine weitere in Mainz und natürlich in Berlin die BBAW (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [5]) als regionale Akademie. Es gibt nur zwei Ausnahmen: die Leopoldina, die Akademie der Naturforscher, die von Frau Annette Schavan in den Status einer Nationalen Akademie erhoben wurde, und die Deutsche Akademie der Technik-Wissenschaften, die "acatech", die es erst seit zwölf Jahren gibt und gleich von Anfang an einen nationalen Anspruch hatte. In allen diesen Akademien ist es eigentlich üblich, daß die Gremien interdisziplinär zusammengesetzt werden, weil eine Reihe von Themen, die uns heute bewegen, eben nur interdisziplinär bewältigt werden können. Das gibt es auch, nicht ganz so intensiv, in einigen Stellen außerhalb der Akademien. Universitäten zum Beispiel sind ja im wesentlichen disziplinär orientiert, aber ich habe lange Jahre in Karlsruhe im Großforschungszentrum gearbeitet und zumindest in unserem Institut war die Forschungstätigkeit auch interdisziplinär zusammengesetzt. Dafür gibt es einen Ausdruck, den wir damals geprägt haben: problemorientierte Forschung. Also wenn man von einem Problem ausgeht, ist es eben wichtig, daß man verschiedene Disziplinen in diese Problemlösung einbringt.

SB: Hat sich in der Leibniz-Sozietät eine gewisse DDR Herkunfts-Kultur erhalten oder wurde auch diese Forschungseinrichtung letztlich nach westlichen Maßstäben gestaltet?

GB: Also am Anfang war sie natürlich eine Verlängerung der Gelehrtengesellschaft der DDR, wobei sie drei Mitgliedergruppen hatte: die ordentlichen Mitglieder, korrespondierende und auswärtige Mitglieder. Und jede dieser drei Gruppen hatte das Recht zu sagen, wenn sie automatisch in die Leibniz-Sozietät überwechseln wollte, weil sie eigentlich per Senatsbeschluß aufgelöst worden sind. Und das haben eine ganze Reihe wahrgenommen und eine ganze Reihe nicht. Dann setzte der Mechanismus ein, wie er früher einmal war, daß zugewählt wurde. Und da durch die Mitgliederstruktur in der DDR-Akademie schon Internationalität gewahrt war - Mitglieder aus Westdeutschland, Österreich, einfach aus vielen Ländern, nicht nur DDR -, waren wir dann zunächst knapp 100 und jetzt, durch Zuwahl jedes Jahr, 320 Mitglieder. Wir haben zum Beispiel auch Forscher aus den USA, aus Japan - von daher haben wir uns diese Internationalität noch gewahrt.

Wer aus der DDR kommt, der weiß, daß Wissenschaft im wesentlichen institutionell gefördert wurde, also die Akademie bekam das Geld. Heute wird man projektgefördert. Ich hatte das Glück, eine Festanstellung in Karlsruhe zu bekommen, aber ein Großteil meiner Kollegen hat nur Projektstellen. Das ist eine ganz andere Art, Wissenschaft zu betreiben. Es setzt nämlich voraus, daß man Projektanträge schreibt und guckt, wo Ausschreibungen sind, also eine ganz andere Herangehensweise.

SB: Projektorientierte Forschung ist durch die Förderung wohl eher ergebnisbezogen, es findet wahrscheinlich weniger Grundlagenforschung statt.

GB: Ja, meine Kritik an diesem vorherrschenden Wissenschaftssystem, wie ich es erlebt habe - ich habe an der Akademie der Wissenschaft institutionell gefördert gearbeitet und dann nach der Wende erst kurz in Cottbus, dann in Potsdam und danach ihn Karlsruhe gearbeitet -, ist, daß diese Projektförmigkeit von Wissenschaft von Jahr zu Jahr immer schlimmer wurde. Als ich in Karlsruhe anfing, waren wir, sagen wir mal 50 zu 50, jeweils festangestellt bzw. projektbezogen. Heute sind es 120 Leute, ich würde sagen, das Verhältnis ist ungefähr 40 zu 80. Diese Projektförmigkeit von Wissenschaft hat dann auch Auswirkungen, nicht bloß auf die Ergebnisse, zumal wenn sie Ausschreibungen von der Industrie sind, sondern sie hat meines Erachtens auch über langfristig Auswirkung auf die Qualität von Wissenschaft, weil nur bei wenigen Kontinuität vorhanden ist. Weil sich der Wissenschaftler nach einem oder anderthalb Jahren nach einem neuen Projekt umsehen muß und zwar, was gerade im Angebot ist. Und er kann nicht sagen: "Was kann ich einbringen?", sondern er muß danach gehen, was gewollt wird. Er bringt natürlich methodische Erfahrungen mit, das ist richtig.

Ich konnte zum Beispiel einmal, als ich ausgeschieden bin, darauf verweisen, daß ich etwa 40 Jahre lang auf dem gleichen Gebiet gearbeitet habe, nämlich Technik-Philosophie und Technikfolgenabschätzung. Das können, glaube ich, eine Reihe von meinen jüngeren Kollegen überhaupt nicht mehr nach 40 Jahren sagen.

SB: Sie haben in ihrer Laufbahn keine Kontinuität, sondern sich über Projekte immer weiter gehangelt ...

GB: Ja, das ist ein generelles Problem. Diese Projektförmigkeit führt dann nämlich auch zunehmend zu einer Spezialisierung und Detailierung. Und da bieten nicht bloß wir als Leibniz-Sozietät - das machen, denke ich, andere Wissenschaftsakademien auch - eben ein Forum, auf dem man über den Tellerrand hinausblicken und auch diskutieren kann.

SB: Wie frei ist denn die Forschung noch, wenn sie projektbezogen ist? Ein Forscher muß ja auch seine Brötchen verdienen, und ich könnte mir vorstellen, daß bestimmte Projekte angeboten werden, die an Unternehmen gebunden sind, die etwas Bestimmtes nachgewiesen haben wollen.

GB: Das muß man auf zwei Ebenen sehen. Die Forscher sind in dem Sinne frei, weil man unterschiedliche Geldquellen hat. Also man kann eben gucken, ob es etwas, parteipolitisch gesehen, von der CSU bis zur LINKEN sein könnte. Von der Warte aus ist man frei, nach den Töpfen zu gucken, auch zum Beispiel, ob das ein europäischer Topf ist. Das ist das Eine. Da gibt es Spielraum, es ist nicht sehr eingegrenzt. Die nächste Frage ist dann, wie es einem gelingt, an diese Töpfe zu kommen, aber darüber brauchen wir auch nicht zu reden. Aber wenn man dann aus einem Topf Geld bekommen hat, dann ist man überhaupt nicht mehr frei, dann muß natürlich genau das abgearbeitet werden, was man angeboten hat. Wenn man sich nun auf eine Ausschreibung beworben hat, wird am Ende genau das erwartet, nicht auf den Punkt, aber man muß sich bereit erklären, dann in die Richtung zu arbeiten. Man muß also ein wenig gucken, auf welcher Ebene man sich dann bewegt, wenn es um die Freiheit geht. Natürlich, sagt so ein Wissenschaftler, steht im Grundgesetz die Freiheit der Forschung, nein, Freiheit der Wissenschaft - bei Forschung ist es schon etwas anders. Das muß man dann sehen. Man muß auch gucken, in welcher Einrichtung man ist. Ich war zum Beispiel am KIT (Karlsruher Institut für Technologie) [6], das KIT ist so eine Verbindung der Universität Karlsruhe und dem Großforschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft mit programmorientierter Vorsorgeforschung. Dem KIT war militärrelevante Forschung untersagt, das ist in der Universität ja noch etwas anders. Da gibt es dann bestimmte Klauseln, wie frei man ist zu sagen: Nein, das mache ich nicht.

Eine Konstruktion, in der die Rückleuchten eines Trabbis, Zahnräder und ähnliche Details zu einer sympathischen, roboterähnlichen Skulptur verbaut wurden. - Foto: © 2014 by Schattenblick

'E-Banse', ein Technologiemaskottchen ohne Risiken und Nebenwirkungen - dem Technikphilosophen zum 65. Geburtstag von einem Potsdamer Freund und Kollegen konstruiert
Foto: © 2014 by Schattenblick

Das Problem, das ich einfach habe, ist, daß Forschung durch diese Projektorientierung tendenziell in vorgegebene Richtungen gedrängt wird. Das mag vielleicht jetzt noch ein relativ breiter Korridor sein, aber selbst wenn ich beim BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) gucke und es dort Hightech-Strategie heißt, dann ordnet sich das alles einem bestimmten Innovationsverständnis oder Innovationsgeschehen unter. Und alles, was nicht dort reinpaßt, wird zumindest vom BMBF nicht gefördert. Aber wenn es mir gelingt, für meine Idee jemand anderes zu finden, umso besser. Da habe ich heute mehr Möglichkeiten, auch noch verschiedene Stiftungen, andere Geldquellen, das ist neu. Aber es ist auch alles mit Schwierigkeiten verbunden und selbst dann sollte ich mich fragen, wie großzügig dann der Geldgeber ist. Auch da ist es ganz unterschiedlich, ob man das Geld halbwegs so verwenden kann, wie man will. Man muß sich sehr viel Mühe geben und Zeit verwenden, um herauszufinden, wo die Möglichkeiten für Finanzierungen wären, die in meine Richtung gehen, wenn ich also mal versuche, das zu machen, was ich gerne möchte und nicht, was die wollen.

SB: Sie hatten eben von der Problemorientierung gesprochen und jetzt von der Projektbezogenheit, wo sehen Sie denn den Unterschied?

GB: Das eine ist die Finanzierung von Forschung und das andere ist der kognitive Anspruch von Forschung.

SB: Die Sozietät besteht seit mehr als 20 Jahren. Was müßte Ihrer Ansicht nach getan werden, damit sie noch weitere 20 Jahre besteht?

GB: Sie müßte finanziell besser ausgestattet werden. Wir leben im wesentlichen von den Beiträgen unserer Mitglieder. Das ist übrigens ein Novum gegenüber den anderen Akademien. Bei den anderen kriegen die Mitglieder etwas in die Hand, bei uns müssen sie einen Mitgliedsbeitrag bezahlen. In den letzten acht Jahren hatten wir eine Zuwendung vom Berliner Senat, aber nur für bestimmte Projekte - also auch schon projektförmig -, und wir haben gerade vor drei Wochen für das Jahr 2014 eine Absage vom Senat bekommen. Daraufhin werde ich noch einmal ein Gespräch führen. [7] Alles, was in der Sozietät passiert, wird rein ehrenamtlich organisiert. Wir haben zwar eine Sekretärin, die wir stundenweise bezahlen und so etwas wie einen Leiter unserer Geschäftsstelle, der auch stundenweise bezahlt wird, aber das ist alles. Es ist für mich immer faszinierend, wenn man dann nach einem Jahr Bilanz zieht, was aus dieser ehrenamtlichen Tätigkeit an Publikationen, Vorträgen, Veranstaltungen geworden ist. Das ist einfach enorm. Das ist natürlich überhaupt nicht lange durchzuhalten. Wir wählen zwar jedes Jahr dazu, auch jüngere Mitglieder ...

SB: Wenn man gewählt wird und dafür nichts bekommt, sondern auch noch Beiträge zahlt, ist es sozusagen eine Ehre.

GB: Es ist ja nicht so, daß man nichts bekommt. Zum Beispiel hat man ja genau dieses interdisziplinäre Gespräch, wenn man es will. Und wir geben eine Publikationsreihe heraus, unsere Sitzungsberichte, die jedes Mitglied kostenlos erhält, in der alle Texte enthalten sind.

Allerdings ist es uns noch nicht gelungen, den demographischen Wandel in der Sozietät damit aufzuhalten. Wir haben ungefähr ein Durchschnittsalter fast um 70 Jahre. Abgesehen davon, für den Verein eine solide finanzielle Basis zu schaffen, wäre das auch eine der wichtigsten Aufgaben für die nächsten 20 Jahre.

SB: Sie hatten das Wort "Unzufriedenheit" in dem Zusammenhang genannt, daß Sie mit bestimmten Ergebnissen unzufrieden sind.

GB: Ich denke, am Anfang war es eine Motivation, die Dinge nicht auf sich beruhen zu lassen. In Unzufriedenheit zeigt sich auch heute noch, daß man mit bestimmten gesellschaftlichen, politischen und auch wissenschaftlichen Diskussionen, Ereignissen unzufrieden ist und sagt: Okay, dann versuchen wir, unsere Mittel einzusetzen. Nicht, um die Zufriedenheit zu verbessern, sondern um zumindest mit sich selber ins Reine zu kommen. Wir stellen diese Fragen offen zur Diskussion. Von daher ist Unzufriedenheit, glaube ich, immer auch etwas, was Wissenschaft vorantreibt.

SB: Durchaus ein nützlicher Begriff. - Sie haben jahrelang in der Technikfolgenabschätzung gearbeitet. Können Sie sagen, ob es sie damals zur Zeit der Akademie der Wissenschaften der DDR schon gab und ob sie anders aussah als die Technikfolgenabschätzung im Gesamtdeutschland?

GB: Das ist eine ganz interessante Frage, auch aus dem Grund, weil ja Technikfolgenabschätzung als etwas Etabliertes erst in der Bundesrepublik Mitte der 80er Jahre in die Diskussion kam, übrigens mit ganz starken Geburtswehen. Wenn man in den Bundestag sieht, kann man verfolgen, daß immer die Oppositionsparteien gefordert haben: "Wir brauchen etwas im Bereich der Technikfolgenabschätzung" und die Regierungsparteien das dann abgeschmettert haben. Hat es sich gewandelt, also dann war es genau das gleiche. Wieder hat die Oppositionspartei die Forderung gestellt.

Es gab so etwas, das aber nicht Technikfolgenabschätzung hieß. Und das ist auch interessant. Der Ausdruck hat sich erst in den 90er Jahren in Deutschland durchgesetzt. Am Anfang gab es zu dieser Übersetzung vom englischen "Technology Assessment" mehrere Varianten. Der Verein Deutscher Ingenieure bevorzugt den immer noch, Technikbewertung. Ein Kollege aus Bad Neuenahr spricht immer von rationaler Technikfolgenbeurteilung. Und ich kann mich erinnern, daß es so etwas ansatzweise im Institut von Günter Kröber an der Akademie der Wissenschaften der DDR gab und an der Technischen Universität in Chemnitz, damals Karl-Marx Stadt, die in diese Richtung das gleiche dachten, nur nicht unter diesem Ausdruck, aber vom Ansatz her war es das gleiche.

SB: Es wurden die sozialen und ökonomischen Auswirkungen ...

GB: ... und ökologischen Auswirkungen erforscht. - Was relativ stark diskutiert wurde, waren auch humane, also ethische, Auswirkungen von Technikfolgenabschätzung, aber eben nicht so systematisch, wie es sich dann in den 90er Jahren erst in der Bundesrepublik entwickelt hat. Und kurz vor der Jahrhundertwende etablierte es sich dann auch im Bundestag. Damit war ein bestimmter Stand in der Bundesrepublik erreicht. Was aber nicht daran gehindert hat, die große Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg (TA-Akademie, AFTA) 2003 vom Ministerpräsidenten zu schließen, weil sie Ergebnisse brachte, die sehr unbequem waren. [8]

SB: Das ist also ein politisch sehr umkämpftes Feld.

GB: Ja, zumindest, wenn sie im Sinne von Politikberatung eingesetzt wird, und nur so ist sie im Bundestag etabliert worden. Aber man muß sie nicht nur als Politikberatung sehen, sondern man kann sie auch als wissenschaftliches Unterfangen nehmen und in die Lehre von Studenten einbringen. Da ist es anders, das hat dann eben ganz andere Einbindungen.

Wir haben sie auch in der philosophischen Diskussion, man kommt automatisch dazu. Sie erscheint zwar nicht als etabliertes Verfahren und nicht explizit, aber als impliziter Ansatz ist sie durchaus nachweisbar und vorhanden.

Es geht uns darum, jeden Schritt der Bewertung für einen anderen nachvollziehbar zu machen. Und das kann auch in Diskussionen passieren, wo es um Technikentwicklungen geht, die interdisziplinär diskutiert werden.

SB: Gauben Sie, daß es heutzutage noch einmal zu einer katastrophalen Technikfolge kommen kann wie den Treibhausgasemissionen und dem Klimawandel, oder glauben Sie, daß die Forschungsmechanismen und die Aufmerksamkeit inzwischen solchen Problemen gegenüber größer geworden sind?

GB: Ich würde jetzt nicht zur anthropogenen Seite vom Klimawandel wechseln. Ich habe da ein relativ pragmatisches Verfahren. In der Mitte der 80er Jahre hat ein Organisationstheoretiker und Soziologe aus den USA, Charles B. Perrow, ein Buch geschrieben: "Normale Katastrophen - Die unvermeidbaren Risiken der Großtechnik", das mich fasziniert hat. Seither bin ich ziemlich fest davon überzeugt, daß wir zwar viel machen können, um technische Risiken zu minimieren bzw. einzudämmen, daß es aber nicht gelingen wird, jegliches Risiko auszuschließen. Ob das dann so katastrophale Folgen annehmen muß, ist eine andere Sache.

Nehmen wir zwei Beispiele, die Bohrplattform Deep Water Horizon und Fukushima in Japan. Wenn man im nachhinein guckt, dann sagt man, warum ist das eigentlich passiert, das hätte man doch wissen müssen. Es ist aber so. Seit dem 8. März wird dieses malayische Flugzeug gesucht, und man fragt sich: Wie kann so etwas passieren, die gucken aus dem Weltraum und sehen doch alles. Da denke ich, es liegt nicht auf der Ebene von zum Beispiel dem Klimawandel, das ist was ganz anderes. Selbst Sachen, die man mit bestem Gewissen gemacht hat wie die FCKWs (Fluorchlorkohlenwasserstoffe), die Ozonkiller. Die Chemiker waren fest davon überzeugt, daß das inerte Gase sind, die mit nichts reagieren und keinen Schaden verursachen. Bis sie dann festgestellt haben, wenn die oben in die Ionosphäre kommen, dann fangen sie an, die Ozonschicht aufzulösen. Das heißt, wir haben bei jeder Tat, bei jedem Forschungsergebnis auch immer mögliche Folgen, die wir nicht vorhersehen können, die wir nicht abschätzen können. Für mich ist das ein Stückchen Welt, daß immer Möglichkeiten offen sind, über die ich vorher nicht Bescheid weiß, die ich nicht abschätzen, vorher nicht verhindern kann. Ich kann mir zwar so viel Mühe geben, wie ich will, aber ich werde es nicht verhindern können. Das sind solche Beispiele.

Ich habe mal eine heikle These aufgestellt, die mir sehr viel Kritik eingebracht hat. Ich habe gesagt, man könne eine Geschichte der Technik auch von ihren Katastrophen her schreiben. Das hat nämlich auch einen Vorteil. Aus jeder Katastrophe gewinne ich mehr Wissen, als aus 100 Jahren ordentlichem Laufs oder Funktionierens.

SB: Haben Sie das selbst mal erlebt, daß Sie Erkenntnisse hatten und sie vermitteln wollten, aber das politische Interesse war einfach anders, Sie kamen damit nicht durch?

GB: Das gibt es, das ist ein schönes Thema. Zu meinem sechzigsten Geburtstag haben Kollegen in Cottbus ein kleines Symposium für mich gemacht und zwei Begriffe in den Titel hineingeschrieben, die ein wenig meine Wissenschafts-Geschichte geprägt haben. Das war einmal der Begriff "Risiko" und zweitens der Begriff "Utopie". Ich konnte dann in meinem Schlußwort auf dem Symposium sagen, daß mich mit beiden Worten zwei interessante Sachen verbanden. Ich kann sie kurz erzählen: Etwa 1987 wurde ich von der Redaktion der Zeitschrift "Einheit", dem theoretischen Organ der Sozialistischen Einheitspartei, gebeten, etwas zu dem Begriff "Risiko" zu schreiben. Der Artikel ist nicht erschienen, denn diese Position, von der wir gerade sprachen, paßte ihnen dort nicht; "Risiko" muß eben unter sozialistischen Bedingungen gegen Null fahrbar sein. Meinen Ansatz konnte ich dann erst viel später bringen. Ich habe mir dann gesagt, in dem Artikel, den ich geschrieben habe, war zu wenig Sozialismus drin, darum ist er nicht publiziert worden. - Und zum zweiten Wort "Utopie": Nach der Wende lud mich ein Kollege nach Dresden ein. Dort wurde gerade ein relativ großes Projekt über Innovationskulturen in der DDR und der Bundesrepublik im Vergleich gemacht. Ich wurde gebeten, etwas zu technischen Utopien zu sagen und zwar bezogen auf die DDR; das habe ich dann relativ gut gemacht. Der Artikel ist auch nicht erschienen. Aber im Gegensatz zum anderen war wahrscheinlich zu viel Sozialismus enthalten. Das sind die zwei Extreme. Ich habe aber beides weitergemacht, den Utopie-Artikel in einer Festschrift für einen Freund aus Karlsruhe zum fünfundsechzisten Geburtstag veröffentlicht, der ganz fasziniert davon war, was ich da über die DDR geschrieben habe. Und Risiko hat mich dann ja eine ganze Weile beschäftigt. Also das sind so zwei prägende Erlebnisse. Später habe ich die Artikel auch verkauft und sie haben dann eben doch ein Schmunzeln bei der Leserschaft hervorgerufen.

SB: Ohne den Sozialismus oder die DDR heraufbeschwören zu wollen - gibt es vielleicht etwas aus der Zeit bis 1989 aus dem Wissenschaftsbetrieb, was typisch für dieses Gesellschaftsmodell war und untergegangen ist, was aber eigentlich vielleicht erhaltenswert auch für heutige Problemlösungen gewesen wäre?

GB: Ja. Ich würde mir zum einen auf jeden Fall für dieses Land, für diese Wissenschaft mehr institutionelle Förderung wünschen. Vielleicht war es ein Fehler in der DDR, daß 100 Prozent institutionell gefördert wurden, man kann ja auch 80 Prozent nehmen, es geht jetzt nicht um Prozente. Aber daß in diesem Land die institutionelle Förderung zwar nicht gegen Null, aber sehr weit runtergefahren wird, halte ich für falsch. Und das zweite, das ich mir wünschte: Wir hatten in der DDR einen guten Stand, was die Popularisierung von wissenschaftlichen Erkenntnissen angeht. Ich beziehe das jetzt auf Technik. Wir hatten eine relativ breite technische Allgemeinbildung. Da gab es eine ganze Reihe von Einrichtungen, Stichwort "Urania" [9], die bis in die Medien hinein sehr effizient gewirkt haben. Und das ist etwas, das ich heute vermisse. Nicht, daß die Kinder nicht über das Internet oder so etwas Bescheid wüßten, aber das ist ja nur ein Teil. Über viele andere Technologien wissen sie relativ wenig, sie haben aber ein Urteil, eine Meinung dazu. Die ist aber meiner Ansicht nach oft nicht ausreichend sachlich genug fundiert. Da würde ich einfach ein wenig mehr erwarten. Das geht weiter, wir haben das schon mal diskutiert, bis hin zu einer ganz anderen Form von technischer Bildung, nicht nur von Allgemeinbildung, in der Schule und auch an der Universität. Wir hatten in der DDR einen polytechnischen Unterricht, nun kann man dazu stehen wie man will, man kann sicherlich kritische Punkte daran finden, aber es war eine Pflichtausbildung für alle. Während wir heute einen Flickenteppich haben. Jedes Bundesland in Deutschland macht das anders, ob Pflichtunterricht, ob Wahlfach und dann in allen unterschiedlichen Schultypen noch unterschiedlich, ob Realschule, Hauptschule, Sekundarstufe I und II. Das ist eine sehr unbefriedigende Situation. Deutschland ist durch technische Entwicklungen groß geworden - nicht bloß durch Informationstechnik - und wir haben eine Tradition, Maschinenbau, Fahrzeugbau, für die man entsprechenden Nachwuchs braucht. Den kann ich meines Erachtens nur gewinnen, wenn wir eine solide technische Allgemeinbildung vorantreiben.

SB: Vielen Dank, Herr Banse, für das Gespräch.


Fußnoten:

[1] Klinkmann, Horst; Wöltge, Herbert (Hg.) (1999): 1992. Das verdrängte Jahr. Dokumente und Kommentare zur Geschichte der Gelehrtensozietät der Akademie der Wissenschaften für das Jahr 1992. Berlin: trafo Verlag (Abhandlungen der Leibniz-Sozietät, Bd. 2), S. 163

[2] Professor Gerhard Banse (* 28. Juli 1946 in Berlin) ist ein deutscher Wissenschaftsphilosoph. Er zählt zu den Pionieren der Technikphilosophie für Allgemeine Technologie/Allgemeine Technikwissenschaft und für Technikfolgenabschätzung. Nach seiner Promotion 1974 war Banse zunächst für zehn Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) in Berlin, Bereich Philosophische Fragen der Wissenschaftsentwicklung (Leiter: Herbert Hörz), wo er 1981 in der Fachrichtung Philosophie ein zweites Mal promovierte. Ab Oktober 1999 wirkte er dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS; Leiter: Armin Grunwald) am Forschungszentrum Karlsruhe, heute Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Seine Arbeitsschwerpunkte lagen in den Forschungsbereichen: Wissensgesellschaft und Wissenspolitik sowie Innovationsprozesse und Technikfolgen. Der Akademie der Wissenschaften und schließlich der Leibniz-Sozietät blieb er verbunden und übernahm zusätzlich zu zahlreichen anderen Funktionen im Wissenschaftsbetrieb 2009 in der Leibniz-Sozietät die ehrenamtliche Aufgabe eines Vizepräsidenten.

Im Jahre 2011 erreichte er den gesetzlichen Ruhestand und wurde mit einem Ehrenkolloquium aus dem KIT verabschiedet, ohne jedoch seine Tätigkeit damit einzustellen. Er wurde zum Präsidenten der Leibniz-Sozietät gewählt und übernahm dieses Amt mit Jahresbeginn 2012. Weiterhin ist er Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam, der Schlesischen Universität Katowice (Polen), der Technischen Hochschule (Polytechnikum) Rzeszów (Polen) sowie der Matej-Bel-Universität Banská Bystrica (Slowakische Republik).

[3] "Jean-Jacques Rousseau zwischen Aufklärung und Moderne" war das treffende Motto einer ganztägigen Plenarveranstaltung über die historische wie aktuelle Bedeutung des Schweizer Philosophen, die am 13. Dezember 2013 anläßlich dessen 300. Geburtstages stattfand. Neun Berliner und Potsdamer Fachwissenschaftler verschiedenster Disziplinen (darunter Philosophen, Ökonomen, Pädagogen und Juristen) analysierten die Werke Rousseaus mit dem einmütigen Ergebnis, daß diese in den zweieinhalb Jahrhunderten seit ihrem Entstehen weder ihren aufklärerischen Impetus noch ihre Modernität eingebüßt haben, überhaupt erst richtig aktuell geworden sind (aus: 118(2014), 9-31 Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin, Gerhard Banse, Bericht des Präsidenten an den Leibniztag 2013 - Die Leibniz-Sozietät im zwanzigsten Jahr ihres Bestehens).

[4] Das Toleranzedikt des Preußenkönigs "es mus ein jeder nach seiner Faßon selich werden..." ist ein geflügeltes Wort geworden. Der auch Potsdamer Toleranzedikt genannte Erlaß, der hier gemeint ist, wurde 1685 vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg erlassen. Der Kurfürst - im Gegensatz zur evangelisch-lutherischen Bevölkerungsmehrheit Brandenburgs selbst calvinistischen Glaubens - bot seinen in Frankreich wegen ihrer Religion verfolgten protestantischen Glaubensgenossen, den Hugenotten, freie und sichere Niederlassung in Brandenburg an. Den Flüchtlingen wurden großzügige Privilegien gewährt, unter anderem Befreiung von Steuern und Zöllen, Subventionen für Wirtschaftsunternehmen und Bezahlung der Pfarrer durch das Fürstentum. Etwa 20.000 Menschen folgten dem Angebot Brandenburgs. Das Edikt von Potsdam trug wesentlich dazu bei, die Wirtschaft des im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Brandenburg zu beleben, und legte damit den Grundstein für die Erstarkung Brandenburg-Preußens. Durch die Hugenotten, die sich in Berlin niederließen, stieg die Einwohnerzahl um ein Drittel an. Die Neuzugänge brachten dem Staat sowohl einen wirtschaftlichen also auch geistigen Aufschwung.

[5] Weitere Berichte und Interviews zu den Forschungslandschaften Deutschlands finden sie hier:
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/ip_bildkult_report_interview.shtml

INTERVIEW/011: Leibniz-Gemeinschaft - Universaloption und Grenzen, Prof. Karl Ulrich Mayer im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/report/bkri0011.html

INTERVIEW/012: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften - Gelehrte, Forscher, Brückenbauer, Prof. Günter Stock im Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/report/bkri0012.html

und
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/ip_bildkult_report_bericht.shtml

BERICHT/031: Leibniz-Gemeinschaft - Anspruch und Wirklichkeiten? (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/report/bkri0012.html

[6]Quelle: Website des KIT: http://www.kit.edu/index.php Am 1.
Oktober 2009 wurde das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) als Zusammenschluß des Forschungszentrums Karlsruhe und der Universität Karlsruhe gegründet. - Im KIT vereinen sich die Missionen der beiden Vorläufer-Institutionen: einer Universität in Landeshoheit mit Aufgaben in Lehre und Forschung und einer Großforschungseinrichtung der Helmholtz-Gemeinschaft mit programmorientierter Vorsorgeforschung im Auftrag des Staates. Innerhalb dieser Missionen positioniert sich das KIT entlang der drei strategischen Handlungsfelder Forschung, Lehre und Innovation.

[7] Dieses Gespräch hat zwischenzeitlich stattgefunden. Für die Jahre 2014 und 2015 wurde eine Zuwendung in Aussicht gestellt.

[8] Nach einer Evaluierung durch den Wissenschaftsrat beschloß die Landesregierung im November 2002 die TA-Akademie offiziell aus Kostengründen zum Jahresende 2003 zu schließen. Beschäftigte und Grüne kritisierten die Schließung als politisch motiviert, denn die Akademie, die sich mit einem breiten Themenspektrum von Müllentsorgung bis zu Elektrosmog beschäftigte, galt als unbequem. Siehe auch:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Proteste-gegen-Schliessung-der-Akademie-fuer-Technikfolgenabschaetzung-71355.html

[9] Ziel der Urania in der DDR war die Verbreitung einer wissenschaftlichen Weltanschauung. Sie war eine sozialistische Massenorganisation mit eintausend Mitarbeitern und einem Netz von Büros und Vortragszentren im ganzen Land. Sie produzierte eigene Zeitschriften und Bücher, Fernsehsendungen und jährlich tausende von Vorträgen ihrer Mitglieder, Wissenschaftler, Mediziner, Ingenieure, Politiker oder Künstler, die landesweit in der Urania organisiert waren.

21. April 2014