Schattenblick →INFOPOOL →BILDUNG UND KULTUR → LITERATUR

MELDUNG/044: Narrationen kennen keine Grenzen. Tagung über Storytelling in Accra (idw)


Universität Flensburg - 29.10.2012

Narrationen kennen keine Grenzen. Tagung über Storytelling in Accra

Story-Telling in Ghana ist mittlerweile kein eigenes Schulfach mehr. Was können Wissenschaftler tun, um die Erzählungen zu bewahren und zu erforschen?



Viel wird im Brüder-Grimm-Gedenkjahr 2012 geredet und geschrieben über die Internationalität von Narrationen. Bisher aber war die Erforschung der Erzähltraditionen deutlich dominiert durch WissenschaftlerInnen aus der nördlichen Erdhalbkugel. Entsprechend wird oft auch etwas voreilig geschlossen, die von den Romantikern gesammelten Märchen seien weltweit verbreitet und stellten den Kern aller Erzähltraditionen dar.

Eine Tagung, die vom 18.-20. Oktober 2012 im Goethe-Institut Accra (Ghana/Westafrika) stattfand, führte 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Ländern Benin, Ghana, Kamerun, Nigeria und Togo sowie Deutschland zusammen, die vor ca. 50 interessierten Zuhoerern Ergebnisse ihrer Forschungen über Geschichten in und über Westafrika vortrugen und lebhaft diskutierten.

Das Geschichtenerzaehlen wurde bis vor kurzem in Ghana im Rahmen eines eigenen Schulfaches vermittelt. Die Abschaffung dieser Tradition wurde bedauert und überlegt, welche Aufgaben nun auf die Forschung zukommen, um die Erzählungen zu erhalten und zu erforschen. Im Mittelpunkt der bekannten Narrationen stehen afrikanische Traditionen; europäische Texte treten hinter diesen Überlieferungen ganz zurück. Reflektiert wurde auf der Tagung etwa über die Möglichkeit, in einem Archiv die bisherigen gesammelten Erzählungen zusammenzuführen und auszuwerten. Prof. Esi Sutherland, African Studies der University of Ghana in Accra/Legon, berichtete von ihren bisherigen Arbeiten zum Aufbau eines zentralen Motivkataloges. Vergleichende Aspekte zwischen europäischen und afrikanischen Texten spielten in der Diskussion eine Rolle. So wurde deutlich, wie stark die afrikanischen Beispiele durch den Akt der Präsentation mit Gesten, Symbolen, Ritualen sowie durch die Kommunikation zwischen ErzaehlerIn und Zuhoerenden gekennzeichnet sind. Die Festschreibung einer Textgestalt ist daher schwierig. Durch verschiedene Präsentationen wurde diese wichtige Erkenntnis exemplifiziert: so stellten fünf Künstler "Kodzi", die aussterbende Kunst des Geschichtenerzählens der Fante vor. Einen weiteren Schwerpunkt stellte die Frage dar, inweiweit die an europaeischen Texten entwickelten analytischen Begriffe fuer die Beschreibung der afrikanischen Geschichten tauglich seien.

Vernstalter waren Frau Prof. Dr. Bea Lundt, Universitaet Flensburg, die seit 2009 intensive Forschungen in Ghana betreibt und zur Zeit eine Gastprofessur an der University of Education Winneba innehat, sowie Prof. Ulrich Marzolph, Akademie der Wissenschaften (Göttingen), der erste deutsche Präsident der International Society for Folk Narrative Research (ISFNR). Die Finanzierung hat das Goethe-Institut Accra übernommen, das auch als Gastgeber für die Veranstaltung fungiert. Es wurde vertreten durch seinen Direktor Robert Sobotta.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution134

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Flensburg, Kathrin Fischer, 29.10.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2012