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MELDUNG/039: Themenparks - Schritt in eine andere Welt und Zeit (idw)


Johannes Gutenberg-Universität Mainz - 05.03.2013

Themenparks: Schritt in eine andere Welt und Zeit

Forschungskooperation untersucht Zeit und Zeitlichkeit in Themenparks



"Hier verlassen Sie die Gegenwart und betreten die Welt der Vergangenheit, der Zukunft und der Phantasie" - das Hinweisschild steht am Eingang Disneylands in Kalifornien. Zeit, der Spruch deutet es an, spielt eine zentrale Rolle, wenn der Besucher einen Themenpark betritt. Er begibt sich in das Ägypten der Pharaonen, in die griechische oder römische Antike, ins europäische Mittelalter oder die Zeit der Cowboys und Indianer - oder in unbekannte Welten der Zukunft. Wie vielschichtig die Zeit in Themenparks auftritt, untersucht eine Forschungskooperation an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Prof. Dr. Filippo Carlà vom Historischen Seminar in Mainz und Dr. Florian Freitag vom Bereich Amerikanistik in Germersheim wollen dabei unter anderem der Vermutung nachgehen, dass in Themenparks eine andere Zeitlichkeit herrscht als in der Alltagswelt.

Themenparks sind Mitte des letzten Jahrhunderts in den USA aufgekommen und haben seitdem, vor allem seit der Gründung von Disneyland 1955 in der Nähe von Los Angeles, einen Siegeszug rund um die Welt angetreten. Es gibt sie auf allen Kontinenten, von Finnland bis Südafrika und von China bis Brasilien. Mit ihren Vorläufern, den Vergnügungsparks und -gärten in Europa und Nordamerika, haben sie nur noch wenig gemein. Fahrgeschäfte dominieren die Parklandschaft, Shops und Shows gehören ebenso dazu wie Restaurants und Hotels. Die Themen, die ein Themenpark aufgreift, sind unterhaltsam, entsprechen aber in historischen Darstellungen nicht unbedingt den Fakten.

"Uns interessiert, wie Geschichte und Kulturen in Themenparks rezipiert werden", sagt der Althistoriker Filippo Carlà. Griechische Tempel zum Beispiel sind in den Parks meist viereckig und weiß. Dass es in Hellas auch runde Tempel gab und die Tempel oft bunt angemalt waren, wird unterschlagen. "Die Geschichtsdarstellung ist meistens nicht historisch korrekt, stattdessen wird ein Bild konstruiert, das unsere Vorstellungen, beispielsweise von der Antike, widerspiegelt", erklärt Florian Freitag. Diese Vorstellungen vom antiken Griechenland können aber in Spanien ganz anders ausfallen als in den USA - was es für die Wissenschaftler spannend macht, die unterschiedliche Rezeption historischer Fakten zu untersuchen und damit Einblick in das kulturelle Gedächtnis zu erhalten. "Zeit" tritt in Themenparks aber nicht nur im Hinblick auf Darstellung der Vergangenheit oder der Zukunft in Erscheinung, sondern auch als Gleichzeitig von damals und heute, wenn etwa ägyptische Sarkophage zur jahreszeitlichen Attraktion mit Halloween-Kürbissen geschmückt werden.

"Themenparks sind ein Geschäft mit Illusionen", so der Amerikanist Florian Freitag. Große Themenparks ziehen jährlich Millionen von Besuchern an - und erzielen damit eine enorme Breitenwirkung. "Wir gehen davon aus, dass Themenparks mit Sicherheit auch das Geschichtsbild beeinflussen werden", fasst Filippo Carlà zusammen. Und die Entwicklung wird vermutlich noch an Fahrt gewinnen: Auch Museen, Geschäfte und Restaurants übernehmen die Idee, die Besucher in eine fremde Welt, an einen anderen Ort und in eine andere Zeit eintauchen zu lassen.

Weitere Informationen:
http://www.themeparks.uni-mainz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution218

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Petra Giegerich, 05.03.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2013