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INTERNATIONAL/009: Katar - "Nobelpreis" für Bildung, Stiftung unterstützt UN-Entwicklungsziele (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. Oktober 2011

Katar: 'Nobelpreis' für Bildung - Stiftung unterstützt UN-Entwicklungsziele

von Thalif Deen


New York, 19. Oktober (IPS) - Die international angesehenen Nobelpreise werden seit 1901 jedes Jahr für außergewöhnliche Leistungen in Physik, Chemie, Medizin, Literatur und Friedensbildung vergeben. Ein Schlüsselbereich auf der politischen und sozialen Agenda der Vereinten Nationen blieb bisher jedoch unberücksichtigt: die Bildung. Die 'Qatar Foundation' hat nun den ersten großen internationalen Preis für Bildung ausgelobt.

Präsidentin der Stiftung ist die 'First Lady' des Emirats, Sheikha Moza bint Nasser. Die Auszeichnung geht entweder an eine Einzelperson oder an eine Gruppe mit bis zu sechs Personen, die in einer zunehmend digitalisierten Welt einen herausragenden Beitrag zur Bildung geleistet haben. Die Zahl der Analphabeten wird global auf fast 800 Millionen geschätzt.

Ein Ausschuss wird der fünfköpfigen Jury, der unter anderem Jeffrey Sachs, Direktor des 'Earth Institute' an der Columbia University angehört, eine Liste mit den Namen der diesjährigen Kandidaten vorlegen, die in die engere Auswahl kommen. Der oder die Gewinner des Preises werden auf dem dritten 'World Innovation Summit for Education' (WISE) bekanntgegeben, der vom 1. bis 3. November in Katars Hauptstadt Doha stattfindet. Die Auszeichnung ist mit 500.000 US-Dollar dotiert. Außerdem wird eine Goldmedaille vergeben.

WISE wurde erstmals 2009 auf Initiative der 'Qatar Foundation' abgehalten, die sich für Bildung, Wissenschaft und Gemeindeentwicklungsprojekte einsetzt. Unterstützt wird der Gipfel von einem Partnernetzwerk, zu dem unter anderem die 'Agence universitaire de la Francophonie' (AUF), die 'Association of Commonwealth Universities' (ACU), das 'Institute of International Education' (IIE) und die UN-Bildungsorganisation UNESCO gehören.

Bildung für alle ist eines der wichtigsten Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, die bis 2015 erreicht sein sollen. Doch Warnungen der Vereinten Nationen zufolge droht sich die Bildungskrise weiter zu verschärfen. Weltweit fehlen mehr als 6,1 Millionen Lehrer. Sollte dieser Mangel nicht rasch behoben werden, können die UN-Ziele für die globale Grundschulbildung nicht planmäßig erreicht werden.

Der UNESCO zufolge klafft in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara eine Lücke von etwa drei Millionen Lehrern. Auf der ganzen Welt können schätzungsweise 69 Millionen Kinder keine Grundschule besuchen.

Bildung sei ein weltweites Bedürfnis und wirke sich positiv auf andere Bereiche wie Gesundheit, wirtschaftliche Entwicklung und Umwelt aus, meinte Cecilia Oliveira vom 'Massachusetts Institute of Technology' (MIT), die an den letzten beiden WISE in Katar teilgenommen hatte. "Hoffentlich wird dieser Preis das Ziel, die Bildungssituation weltweit zu verbessern, weiter in den Fokus rücken."

Als internationale Plattform für Wissenschaftler und Bildungsexperten will WISE innovative Lösungen zur Überwindung der Krise vorantreiben. "Der Gipfel bringt mehr als 1.000 Vordenker und Akteure aus Regierung, Bildungswesen und Privatwirtschaft zusammen", erklärte Oliveira. Gemessen an anderen Bildungsveranstaltungen sei der Kreis der Anwesenden ungewöhnlich prominent und vielfältig.

Die bevorstehende Konferenz in Doha wird sich auch mit den rund 40 Millionen Kindern befassen, die wegen bewaffneter Konflikte in ihren Heimatländern nicht zur Schule gehen können. Laut Radhika Coomaraswarny, Untergeneralsekretärin bei den Vereinten Nationen und zuständig für Kinder in bewaffneten Konflikten, lebt die Hälfte derjenigen, die keinen Zugang zu Grundschulbildung haben, in Gebieten, in denen gekämpft wird.


Kinder in Schulen als Kämpfer rekrutiert

Im Juli dieses Jahres verabschiedete der UN-Sicherheitsrat eine Resolution, die den Weg für Sanktionen gegen Länder freimacht, in denen Schulen angegriffen werden. "Wir setzen uns dafür ein, dass Schulen Orte des Friedens werden. Oft werden Kinder in Schulen als Kämpfer rekrutiert", sagte Coomaraswarny. "Wir wollen auch erreichen, dass Bildung ein Teil der humanitären Nothilfe wird."

Das Projekt 'OpenCourseWare', das Oliveira am MIT leitet, hat Bildungsinitiativen weltweit gewürdigt, darunter 'The Citizens Foundation' (Pakistan), 'Rewrite the Future' der unabhängigen Organisation 'Save the Children', 'Mother Child Education Programme' (Türkei) und 'Smallholders Farmers Rural Radio' (Nigeria). Laut Oliveira gehen diese Projekte von völlig unterschiedlichen Bildungsproblemen aus.


Hochschulen bieten freien Zugang zu Kursen

Das im MIT entwickelte Projekt 'OpenCourseWare' bietet freien Zugang zu mehr als 2.000 Bildungskursen. Weitere Hochschulen hätten sich mit rund 13.000 Lehrveranstaltungen angeschlossen, berichtete Oliveira. Dazu zählen etwa die renommierten US-Universitäten Yale, Harvard, Columbia und Carnegie Mellon.

Die Angebote des MIT haben seit dem Start etwa 70 Millionen Menschen in Anspruch genommen. Die Zahl der monatlichen Nutzer beträgt demnach rund eine Million. Nach Angaben von Oliveira sind zehn Prozent davon Lehrer und Dozenten, 42 Prozent Studenten und 43 Prozent Lernwillige, die an keiner Hochschule eingeschrieben sind. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.wise-qatar.org/
http://www.qf.org.qa/
http://ocw.mit.edu/index.htm
http://www.un.org/children/conflict/english/radhikacoomaraswamy.html
http://www.unesco.org/new/en/unesco/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105493

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 19. Oktober 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2011