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MANGA/202: Visual Kei - Hardrock im Manga-Look


Hardrock im Manga-Look



Visual Kei - Musik- und Manga-Freaks ist dieser Ausdruck schon lange ein Begriff; damit auch die "anderen" sich nicht vorkommen wie Außenstehende, wollen wir diese von der Ästhetik japanischer Comics inspirierte Musikrichtung heute einmal vorstellen.

Das Wesentliche an dieser Hardrock-Variante, die musikalisch mit häufigen Rhythmus- und Harmoniewechseln für Abwechslung sorgt, sind die Anleihen an der Bildsprache neuerer japanischer Mangas mit ihren jugendlich-makellosen, androgynen Ikonen. Visual Kei wird von Männern vorgetragen, die Frauenkleider tragen. Das Publikum hingegen besteht vor allem aus jüngeren Frauen. In seiner Heimat Japan ist diese Musikrichtung, die sich ursprünglich unter dem Einfluß kostümierter und bunt geschminkter westlicher Bands wie Kiss, aber auch von Einzelinterpreten wie David Bowie, der zeitweilig ebenfalls in Frauenkleidern auftrat, entwickelte, bereits seit den 80er Jahren bekannt und allgemein beliebt. Dabei muß man bedenken, daß das sogenannte Cross- dressing und die Travestie in Japan nicht so wie bei uns als anrüchig oder zumindest exotisch gelten, sonder vielmehr Ursprünge haben, die bis in frühe Theater zurückreichen, wo sämtliche Männerrollen von Frauen besetzt waren. Aus diesen wiederum bezogen die japanischen Comics ihre Bildersprache, mit dem Ergebnis, das bis heute Knaben mit weiblicher Attitüde und homosexuelle Beziehungen in vielen Mangas eine zentrale Rolle spielen.

Im Anschluß an den seit mehreren Jahren anhaltenden Manga-Hype hat der Visual Kei nun auch das deutsche Publikum erreicht und bewegt sich derzeit aus der Nische einer von der Allgemeinheit weitgehend nicht wahrgenommenen Subkultur in Richtung Mainstream, in die Charts der Hitparaden und auf die Seiten diverser Teenie- Magazine. Die wichtigsten Gruppen des Genres, Dir en grey und Moi dix mois traten im Frühjahr 2005 erstmals in Deutschland auf. Die Auftritte gerieten zu Großereignissen mit Tausenden von Teenagern, von denen etliche zum Teil bereits mehrere Tage vor dem Ereignis den Veranstaltungshallen kampierten.

Mana, der Gitarrist der Gruppe Moi dix mois, ist die wohl einflußreichste Gestalt des Visual Kei. Nachdem er gegen Ende der 90er Jahre bereits mit seiner ersten Band Malice Mizer in Rüschenkleidern und mit Korkenzieherlocken die Bühne betrat, entwickelte er mit Moi dix Mois nun einen eigenen Stil namens "Gothic Lolita" mitsamt der Modelinie Moi-même-moitié. Manas Spitzenblusen und Plateauschuhe werden, in Japan nicht anders als nun auch in Deutschland, von Mädchen und jungen Frauen gekauft, denen die Musik gefällt, obwohl der Sound nach bisherigen Erfahrungen für diese Zielgruppe eigentlich viel zu hart ist, weshalb die Vertreter der Plattenfirmen dem neuen Boom denn auch etwas erstaunt gegenüberstehen. Der Grund könnte darin liegen, daß im Visual Kei das optische Ambiente einen größeren Stellenwert einnimmt als die Akustik. Mit dem gruftigen Gothic- Stil, der in Deutschland seit Ende der 70er existiert, haben die Gothic Lolitas übrigens nur teilweise zu tun. Ausschließlich schwarz gekleidete junge Frauen stellen als Elegant Gothic Aristocrats lediglich eine kleine Untergruppe dar.