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MARVEL-BROKER/011: Batman & Superman 3


Jeph Loeb, Ed McGuinness


Batman & Superman 3



Wahnsinn x 2

Im Weißen Haus sitzt ein Wahnsinniger, denkt sich Superman und meint den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Das ist nichts Neues, wird sich da der eine oder andere Leser sagen. Und auch der amerikanische Psychoanalytiker Dr. Justin Frank, Professor der George Washington Universitätsklinik, diagnostiziert in seiner neuesten Arbeit paranoide Züge und Anflüge von Größenwahn beim amerikanischen Präsidenten. Dr. Franks Psychoanalyse seines "Fern-Patienten" - er hat ihn nie persönlich getroffen - offenbaren wahre Abgründe:

* Der Präsident war gerade in seinem siebten Lebensjahr, als seine Schwester starb. Seitdem zeigt er, daß er unfähig ist zu trauern. "Die Reaktion der Familie - keine Beerdigung und kein Trauern - löste bei ihm ein lebenslanges Verhaltensmuster aus. Nämlich dass er Schmerz unterdrückt und sie mit Faxen überspielt".

* Die Mutter hatte Schwierigkeiten, mit ihrem Sohn eine emotionale Bindung aufzubauen. Die emotionale und physische Abwesenheit des Vaters löste bei seinem Sohn gleichzeitig Gefühle der Verehrung und Rachegelüste aus.

* Der Präsident zeigt Anzeichen dafür, daß er an Aufmerksamkeits- Defizitstörung mit Hyperaktivität (ADHD) leidet.

* Dr. Frank diagnostiziert beim Präsidenten einen "lebenslangen Zug von Sadismus", angefangen von den "Kinderstreichen, bei denen er die Frösche mit Knallkörpern in die Luft jagte", bis hin zur "Beleidigung von Journalisten und Häme nach Hinrichtungen".

* Das jahrelange Trinken des Präsidenten "könnte seine Gehirnfunktionen beeinflußt haben". "Seine Entscheidung, ohne die Hilfe eines 12-Stufen-Programms dem Alkohol abzuschwören, vergrößert das Risiko eines Rückfalls.

Dr. Franks unvoreingenommener Vorschlag: "Die einzige Möglichkeit der Behandlung - die ihm und uns allen nützt - ist ..." den Präsidenten "... aus dem Amt zu entfernen." Dieser Empfehlung steht auch Superman aufgeschlossen gegenüber und setzt sie im Showdown der Story in die Tat um. Doch in dem vorliegenden Heft handelt es sich bei dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika um Lex Luthor und nicht wie bei Dr. Frank um George W. Bush.

Während sich Superman vor der Wahl entschied, seinen guten Ruf nicht geltend zu machen, um die Wahl zu beeinflussen, und noch glaubte, daß das amerikanische Volk Luthor nie zum Präsidenten wählen würde, wählte in der Realität das amerikanische Volk Bush nicht zum Präsidenten, und es glaubte, die Wahlen seien nicht beeinflußt. Beide, Superman und das amerikanische Volk der Realität, irrten sich und müssen nun die bitteren Folgen tragen.

In der aktuellen Erzählung der beiden Freunde Superman und Batman steht die Welt am Rande des Untergangs: Ein Asteroid aus dem tödlich strahlenden Kryptonit-Gestein befindet sich auf Kollision mit der Erde und droht alles Leben zu vernichten; und Luthor gibt Superman daran die Schuld. Auf Befehl des amerikanischen Präsidenten wird der Stählerne mit der ganzen Macht des Gesetzes verfolgt, sogar ein Kopfgeld von einer Million Dollar wurde auf ihn ausgesetzt. Glücklicherweise konnte der letzte Kryptonier mit Hilfe seines treuesten Alliierten Batman die Kopfgeld-Armada abwehren, um sich den nächsten Gegnern zuzuwenden. Diese waren ein Team aus Superhelden, das nun unter dem Kommmando von Luthor stand und die Superfreunde bis nach Tokio verfolgt hatte. Beim Kampf unseres dynamischen Duos gegen alte Weggefährten, wie Captain Atom, Green Lantern, Power Girl, Katana und Co., kam es fast zur Katastrophe, als der im Kampf verletzte Major Force drohte, ganz Tokio in einer Explosion nuklearen Feuers zu vernichten. Doch es siegte die alte Verbundenheit der Helden und durch den Einsatz aller konnte dies noch einmal verhindert werden.

Der Stählerne wollte sich mit dem Dunklen Ritter aufmachen, einen mysteriösen Helfer aufzusuchen, der ihnen in dieser Krise entscheidend beistehen sollte, als sie von den beiden neuesten Agenten Luthors zur Strecke gebracht wurden - ausgerechnet von Captain Marvel und Hawkman! Doch die beiden Freunde konnten die ahnungslosen Agenten überraschen und sich unter deren Identität ins Weiße Haus einschleichen, um Nightwing und seine Freunde, die Superman dorthin zu Hilfe geeilt waren und selbst gefangen genommen wurden, zu befreien. Nicht nur die Auseinandersetzung zwischen Luthor und Superman spitzt sich zu, sondern auch dem Asteroid wird in einem Akt der Verzweiflung begegnet, beim dem anscheindend ein Superheld sein Leben lassen muß.

Der "andere" Präsident war in seiner Amtszeit auch nicht untätig und führte schon zwei Kriege, gegen Afghanistan und den Irak - von den vielen kleinen Kriegsschauplätzen in Afrika und im Nahen Osten einmal abgesehen -, im großen Kreuzzug des Guten gegen das Böse. Die fatalen Auswirkungen des Kampfes der westlichen Wertegemeinschaft gegen die Feinde der Demokratie kann jeder zu genüge in den täglichen Medien verfolgen.

Daß beide Präsidenten vieles gemeinsam haben zeigt schon, daß Lex Luthor sich auf einen "Heimatschutzerlaß" beruft und sich in Form hält, weil er "die staatlichen Richtlinien für körperliche Fitness" befolgt. Welcher Wahnsinn letztendlich nun schlimmer ist, der in dem Comic-Heft oder der in der Realität, und ob es überhaupt Unterschiede gibt, muß der geneigte Leser selbst entscheiden.

Euer Marvel-Broker


Batman & Superman 3
Autoren: Jeph Loeb, Ed McGuinness
Panini, Stuttgart, Juni 2004
52 Seiten, farbig, Heftformat, 4,- Euro